Da ist sie endlich wieder – die Livemusik. Was haben wir es vermisst, KünstlerInnen in Konzerten zujubeln zu können, ihre Spiel- und Gesangsdarbietungen zu genießen und im Rahmen von Shows nette Abende mit hoffentlich ebenso netten Begleitungen zu verbringen.
Nun ist es draußen im November 2021 bereits kalt, und ja, es fühlt sich bei Rekord-Infektionszahlen noch etwas merkwürig an, wieder mit vielen Menschen zusammen in einem geschlossenen Raum zu sein, die jeweiligen Hygienekonzepte wirken aber gut durchdacht und in der Halle kann ja dann jeder für sich selbst entscheiden, ob er die Maske weiter trägt und sich lieber etwas abseits der Masse stellt oder im Vertrauen auf die jeweilige Regelung ein Konzert in etwa so wie früher vor der Pandemie gestaltet. In jedem Fall aber ist es ein gutes und wichtiges Zeichen, dass die Live-Branche wieder aufgelebt ist, für BesucherInnen und natürlich für jeden, der als Aktiver an ihr beteiligt ist, vom Act selbst bis zum Personal vor Ort und in den Agenturen.
Der Act hieß an diesem Abend Nico Santos, und der sympathische, ja auch im Fernsehen gut präsente Musiker stand in seiner Heimatstadt Köln am 9. November 2021 auf dem Programm, um sein eigentlich mal für März 2020 und später mal für Dezember 2020 angesetztes Konzert der Tour zu seinem zweiten, schlicht selbstbetitelten 2020er-Album nachzuholen.
Das knapp 4.000 Besucher fassende Palladium war gut gefüllt und auch einige Kinder waren mit ihren Eltern (oder Jugendliche auch schon ohne) gekommen, um Nicos unbestrittene musikalische Künste live zu erleben. Eröffnet wurde der Abend aber erst einmal von Tim Kamrad, dem ab 19.55 Uhr für eine halbe Stunde die Bühne gehörte, oder zumindest ein kleiner Abschnitt dieser.
2018 hatte Kamrad kurz vor seinem 21. Geburtstag sein Debütalbum “Down & Up” veröffentlicht (lest unser Interview mit ihm hierzu hier), und aus diesem bot er nun diverse Stücke, von “Words 4 U” bis zu seiner allerersten Single “Changes”. Der geborene Wuppertaler versuchte vom Start weg, das Publikum zum Mitklatschen zu bringen, was auch gut funktionierte, ebenso wie die eingestreuten Mitsing-Passagen. Zusammen mit einem Drummer und einem Keyboarder/Bassisten bot der Gitarrist und Sänger durchaus abwechslungsreiche Stücke zwischen Singer/Songwriter-Pop und R&B-Groove. Dieser Stil gepaart mit seinem Gesang führt seit Beginn zum unvermeidlichen Vergleich mit dem großen Ed Sheeran, Kamrad macht seine Sache aber gut, kommt sympathisch daher und ist mehr als nur eine Blaupause des Weltstars. Den Tim hat er inzwischen im Künstlernamen abgelegt und startet als Kamrad gerade neu durch, und so bat er dann auch, seine kommende, gute Single “Grow”, die er zum Abschluss spielte, doch am besten zu presaven – so macht man das heute.
Auch Nico Santos hat sein Debütalbum mit “Streets Of Gold” 2018 veröffentlicht, war hiermit aber natürlich immens erfolgreicher. Nachdem er einige Jahre als Songwriter und Produzent für andere tätig gewesen war, startete der gebürtige Bremer, der jahrelang auf Mallorca aufgewachsen war und inzwischen in Köln lebt, mit Songs wie der Hit-Single “Rooftop” durch und erreichte mit seinem ersten Longplayer immerhin Platz 25 der Charts. Mit dem 2020er-Album etablierte sich Nico dann in der ersten Riege deutscher Musiker, schoss damit auf Rang 3 und erreichte auch in Österreich und der Schweiz die Top-Five.
Kein Wunder also, dass das Palladium zum Nachholtermin gefüllt war, und Santos bot den BesucherInnen dann auch ein tolles Konzerterlebnis. Um Punkt 21 Uhr betrat er zusammen mit zwei Gitarristen, einem Bassisten, einem Keyboarder, einem Drummer und einem Percussionisten die Bühne, und die Einhüllung in rotes Licht ließ bereits erahnen, dass er mit seiner Single “Play With Fire” anfangen könnte, was dann auch so war.
Die Stimmung im Saal war vom Start weg bestens, und das lag zum einen daran, dass man bei Nico nicht einmal ein großer Fan sein muss, um Songs mitzusingen – man kennt viele von ihnen einfach aus dem Radio, YouTube oder Fernsehen. Zum anderen aber bot er mit seiner Band eine starke Show. Die wechselnden Lichter und Effekte waren stimmig, der Sound war gut, vor allem aber wurde hervorragende Livemusik verabreicht. Dass Nico ein starker Komponist, Texter, Sänger und Musiker an mehreren Instrumenten ist, das überraschte nicht, man merkte ihm aber seine große Liebe zur Musik auch durchweg an und er gab seiner starken Band viel Raum, ihre Klasse an den Instrumenten unter Beweis zu stellen.
Nachdem Santos sich den Scherz “Willkommen auf meiner Tour 2020” nicht verkneifen konnte und dann aber klar machte, wie sehr er sich freue, nun endlich wieder live auftreten zu können, folgte mit “Like I Love You” gleich die nächste Single des noch aktuellen Albums. Zum energetischen “Hold Somebody” vom Debüt-Longplayer animierte er das Publikum erst zum Springen, dann zum In-die-Knie-gehen, und am Ende gab es noch ein Keyboard-Solo. Mit “Home” ging er dann noch weiter zurück und präsentierte die erfolgreiche Single aus dem Jahr 2015, bei der er damals Feature-Sänger des DJs und Produzenten Topic war. Dieser war nun nicht zugegen, die Nummer wurde mit flächigem Keyboard-Duett zu Beginn, als Nico sich zum Tastenmann gesellte, und Gitarrensolo am Ende aber amtlich zelebriert.
Mit “Would I Lie To You” folgte Nicos neuester Ohrwurm und wurde bejubelt, bevor er intimere Atmosphäre aufbaute, als er “Walk In Your Shoes” alleine am Piano darbot, gefolgt von einem akustischen Arrangement des Stücks “7 Days”, bei dem Nico mit seiner Band im Halbkreis vorne auf der Bühne Platz nahm, dann auch einen spanischen Teil sang und schließlich noch mit Salsa-Moves in Bewegung kam. Ja, Tanzen kann er auch, und generell präsentierte sich Santos als starker Live-Künstler.
Mit guten Songs ging es weiter, und auch die mit Vocoder-Effekt-Spielereien eröffnete und Drum-Solo abgeschlossene Single “Unforgettable” und die 2020er-Auskopplung “Changed” fehlten nicht. Klasse wurde auch das einst mit Ilira angerichtete “After Party” auf die Bühne gebracht, zuerst nur mit zwei Begleitsängern atmosphärisch eröffnet und am Ende mit Nico am Piano im starken Instrumenten-Battle mit einem ebenso glänzenden Gitarristen.
Mit seinem größten Solo-Hit “Rooftop” verließ Nico dann umjubelt die Bühne, um kurz darauf für eine Zugabe zurück zu kehren. Nachdem er letztens als “The Voice Of Germany”-Juror Michael Jacksons “Man In The Mirror” dort gesungen hatte, wurde er wohl mehrfach gebeten, den Klassiker auch in sein Live-Set zu übernehmen. Zusammen mit einem Gitarristen erfüllte Santos diesen Wunsch, um hinterher mit voller Bandbesetzung nach Vorstellung seiner Mit-Musiker und Dank ans Team und die Kölner Besucher mit “Safe” und “Better” noch zwei gefeierte Hits abzuliefern. Mit diesen verabschiedete Nico ein rundum zufriedenes Publikum nach 95 Minuten überzeugenden Konzerts in die kühle Kölner Nacht.
Hier die noch verbleibenden Tour-Termine – Tickets gibt es z.B. hier bei Eventim (Partnerlink):
10.11.2021 Osnabrück, OsnabrückHalle
11.11.2021 Bremen, Pier 2
15.11.2021 Mannheim, Maimarktclub
16.11.2021 Hannover, Swiss Life Hall
17.11.2021 Hamburg, edel-optics.de Arena
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Links:
Facebook-Page von Nico Santos
Facebook-Page von Tim Kamrad
Website des Palladium Köln