Home MusikKonzertberichte Roger Hodgson – Kritik des Konzerts in Bonn am 16. August 2006

Roger Hodgson – Kritik des Konzerts in Bonn am 16. August 2006

Autor: Tobi

Ein Konzert der besonderen Art stand am 16. August auf dem Museumsplatz in Bonn auf dem Programm. Roger Hodgson hatte sich angesagt, mit Symphonieorchester aufzuspielen. Nun, wem der Name nichts sagt – Roger Hodgson war einer der Gründer, vor allem aber der Hauptsongwriter und Hauptsänger der legendären 70er-Jahre-Helden von Supertramp, bevor er 1983 aus der Band ausstieg und eine Solo-Karriere startete, die ihm aber nicht die gleichen Erfolge bescherte wie mit seiner Ex-Band.

Supertramp – der Name lässt Erinnerungen aufkommen, zumindest bei vielen jenseits der 35, die ich nun erreicht habe. Erste Erinnerung ist das Album “Crisis? What Crisis?” aus dem Jahr 1975, dass ich mir zwei Jahre später als kleiner Junge im Osterurlaub auf Gran Canaria vom Taschengeld kaufte – auf Anraten meines Bruders und auf Cassette … ja, damals kaufte man noch Tapes. “A Soapbox Opera” wurde zu meinem Lieblingslied für einige Jahre, und selbst heute noch bringt mir das Stück Gänsehaut. Meine Liebe zu Supertramp war geboren – nur war ich noch zu jung, diese in Form von Konzertbesuchen auszuleben. Als ich 1986 im Alter von 15 Jahren mein erstes Konzert überhaupt sah (Falco auf “Emotional-Tour”), war Roger Hodgson längst von Supertramp weg – also blieb keine Möglichkeit mehr, sich die Band in gewohntem Line-Up live anzuschauen. So tröstete ich mich weiter mit der 1980 veröffentlichten Doppel-LP “Paris” mit einem Livemitschnitt aus der französischen Hauptstadt, einem der schönsten Live-Alben überhaupt. Supertramp gab es zwar noch, jedoch fehlte die Seele der Band, denn diese war ja nun solo unterwegs. Hodgson hatte 1984 sein Solo-Debüt “In the Eye of the Storm” veröffentlicht, von dem es mir besonders “In Jeopardy” und “Only Because Of You” angetan hatten. Nicht nur die Pubertät war schuld, dass ich ihn dann aus den Augen verlor, mich mehr für Depeche Mode oder Frankie Goes To Hollywood begeisterte – ab 1987 legte Hodgson auch eine zehnjährige Pause ein, bevor es wieder neues Material gab. “Paris” jedoch lief immer und immer wieder mal über die Jahre, ebenso wie einige der alten Supertramp-Alben, die ich mir nach und nach auf dem damals neuen Medium CD zulegte.

Nun also die große Chance, doch ein Stück “Paris” zu fühlen, Roger Hodgson live zu sehen. Zum Glück war ich pünktlich in Bonn, wo sich auf dem vor der Bühne bestuhlten Museumsplatz vielleicht 1500 Fans eingefunden hatten. Fans von Supertramp größtenteils, und ich kam mir sogar mal wieder jung vor im Publikum, waren die meisten doch einige Jährchen älter. Um 19.15 Uhr kam das Orchester auf die Bühne, stimmte die Instrumente ein letztes Mal – dann kam Roger Hodgson unter großem Jubel auf die Bühne. Los ging es mit “Take The Long Way Home”, einem der größten Hits von Supertramp, und schnell wurde klar, dass der inzwischen 56 Jahre alte, leicht ergraute Sänger weder Stimme noch Ausstrahlung verloren hat. Wie in alten Zeiten wusste er mit seinem hohen Gesang zu begeistern. Nach dem ersten Song wandte er sich ans Publikum, lobte den Museumsplatz (“You Germans know how to do things right – this is beautiful”), brachte seine Freude zum Ausdruck, mal wieder in Deutschland zu spielen und wies darauf hin, dass dieses Konzert mit Symphonieorchester auch für ihn besonders sei, man habe erst zweimal zusammen gespielt. Später fügte er noch hinzu, dass das bulgarische Orchester 36 Stunden Busfahrt hinter sich habe, um ihn auf dem Museumsplatz zu begleiten. Und Hodgson stellte klar, dass er nach wie vor große Freude daran habe, die alten Songs zu spielen – sogar mehr als je zuvor.

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, die Anzahl der Supertramp-Titel im Set zu zählen, doch schon jetzt war mir klar, dass es wohl einfacher sein würde, die Anzahl der Solo-Stücke zu zählen – wie wunderbar. Hodgson, der den Abend lang zwischen Keyboard, Piano und Akustik-Gitarre pendelte, griff zu letzterer und stimmte “Give A Little Bit” an. Hierbei offenbarte sich dann schon, dass er und das Orchester leider nicht optimal aufeinander eingespielt waren. Besonders der Schlagzeuger – ob er nun überhaupt zum Orchester gehörte oder dazu engagiert wurde – lag mindestens dreimal am Abend voll daneben. Hier legte er viel zu flott los, so dass Hodgson ihn mit gemütlichem Schwanken und erschreckten Blicken zum richtigen Takt bringen musste, später war er ab und an schon weiter als der Song … offensichtlich kein Supertramp-Fan, der Drummer. Schade, aber ja doch nur ein kleiner Abzug eines großen Abends. Wo wir gerade dabei sind, wollen wir nicht verschweigen, dass die Streicher im Verhältnis zum Rest zu leise waren, deshalb nicht immer so zur Geltung kamen, wie es hätte sein können, und auch das Glockenspiel passte sich nicht immer positiv ein. Ansonsten aber großes Musik-Kino für alle Supertramp-Fans. “Hide In Your Shell” folgte und erstmals gab es Standing Ovations hinterher von einigen Fans, was später wiederholt wurde, von immer mehr Bewunderern.

Der Abend machte wieder einmal klar, was für ein toller Sänger und großartiger Songwriter dieser Roger Hodgson war und ist, und wie sympathisch er sich präsentiert mit seinen kleinen Geschichten ab und an. Neben Orchester und dem Drummer gab es auch einen Bassisten und einen Herren, der ab und an den Hintergrundgesang übernahm oder sich als Saxophonist feiern ließ. Nach 50 Minuten gab es eine halbstündige Pause, bevor es um 20.40 Uhr weiter ging unf weitere 65 Minuten folgen sollten. Hodgson spielte zwar leider nicht “A Soapbox Opera”, dafür aber alle großen Hits, die er für Supertramp geschrieben und gesungen hatte, wie “School”, “The Logical Song”, “Breakfast In America”, “Dreamer”, “It’s Raining Again”, “Two Of Us”, “Sister Moonshine” oder “Even In The Quietest Moments”. Hightlight der Supertramp-Titel in Bezug auf die Umsetzung mit Orchester war “Fool’s Ouverture”, noch schöner aber war Hodgsons Solo-Stück “Only Because Of You” arrangiert, als atemberaubende Gänsehaut-Nummer. Im Glücksgefühl, irgendwie doch fast ein Supertramp-Konzert zu erleben, kann ich nicht mehr genau sagen, ob es nun vier oder fünf Solo-Songs waren, die Roger Hodgson darbot – “In Jeopardy” war nicht dabei, dafür aber das tolle “Lovers In The Wind” und auch ein noch recht neues Stück, welches sich auch auf seiner zuletzt veröffentlichten DVD findet. Witzig hierbei, dass er loslegte und nach einigen Takten wieder abbrach und das Orchester fragte, ob sie bereit seien – bis sich heraus stellte, dass Hodgson den Titel des Songs gegenüber den Notenblättern geändert hatte, weshalb das Orchester nicht wissen konnte, dass es aufspielen sollte. “I felt very lonely” merkte Hodgson lachend an und startete den Titel neu. Je später der Abend wurde, desto begeisterter reagierte das Publikum, feierte seinen Meister nach jedem Stück frenetisch, stand auf, klatschte noch mehr mit als zu Beginn – eine dicke Wolke Glücklichsein hing über dem Museumsplatz. Irgendwann schloss Hodgson mit noch einmal “Give A Little Bit” sein Set ab, ging von der Bühne, kam noch einmal wieder, um sich zu bedanken und zu verabschieden.

Lichter und Musik vom Band gingen an, die Leute aber nicht nach Hause – es wurde lautstark eine weitere Zugabe gefordert. Wie hatte ein Herr neben mir kurz vorher gesagt: “Wer weiß, wie oft man ihn noch erleben kann.” Und Roger Hodgson kam ein letztes Mal auf die Bühne, stellte klar, dass eigentlich ja Schluss sei, fragte, was man denn nochmal hören wolle, ob vielleicht “Dreamer” oder “The Logical Song”, entschied sich dann für ersteres und ließ den Abend dann in dieser Form ausklingen. Ein großartiges Konzert trotz der kleinen angesprochenen Abstimmungsprobleme. Von einer eventuellen Tour im nächsten Frühjahr sprach Roger Hodgson – hoffen wir, dass sie stattfindet. Ein Muss für jeden, der sich je Supertramp-Fan genannt hat.

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Links:
Website von Roger Hodgson
Homepage der Bundeskunsthalle Bonn

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