Dass das Palladium in Köln, nicht gerade eine kleine Halle, voll sein würde, wenn sie hier spielen, hätten Wolfsheim vor einigen Monaten wohl noch nicht geglaubt. Dann kam mit “Kein Zurück” der Vorbote zum aktuellen Album “Casting Shadows” und entwickelte sich zum Hit, der bis in die vordere Hälfte der Top Ten vordringen konnte. Nachdem viel Schrott in den Charts herum dümpelte, hatte es also auch wieder mal ein wirklich hochwertiges Stück geschafft. Hier waren sie nun also alle gekommen – alte Wolfsheim-Fans, die den Werdegang der Jungs aus Hamburg von Anfang an begleitet haben, wie auch ein Anteil von neu gewonnenen Anhängern a la “Schatzi, das sind doch die mit ‘Kein Zurück’, lass uns doch da mal hin gehen”. Nachdem Schatzi heraus gefunden hatte, dass man mit knapp über 20 Euro ja noch zu humanem Preis mit von der Partie sein kann … ein volles Palladium also.
Eine Vorgruppe gibt es nicht – nicht mal laute Musik schallt durch den Saal, bevor um 20.40 Uhr die Lichter ausgehen und das instrumentale Intro “In Time” klar macht, dass es nun los geht. Peter und Markus betreten die Bühne und nehmen ihre Positionen ein, von denen sie sich auch den Rest des Abends nicht groß weg bewegen werden – Peter als Frontmann natürlich mittig in erster Reihe, Markus an den Maschinen seitlich hinter ihm. Hinten steht ein Schlagzeug, welches erahnen lässt, dass man noch Zuwachs bekommen würde. Los geht es mit “Underneath The Veil”, gefolgt von “Wundervoll”, also Stücken der aktuellen Scheibe. Der Elektro-Sound ist klar und gut, was allerdings auch nicht so schwer ist, kommt das meiste doch direkt aus dem Computer oder vom Band. Dazu gibt es aber nicht irgend einen Gesang, sondern den von Peter Heppner, und selbiger hebt sich ab. Gute Stimmen gibt es viele, aber hervorragende Stimmen müssen zudem noch individuell und besonders klingen, und hier ist Peter eben weit vorne mit dabei. Dieter Bohlens zehn Superstar-Finalisten könnten sich übereinander auftürmen und die Arme nach oben strecken, in puncto Interessantsein und Gefangennehmen reichen sie Heppner stimmlich nicht bis zur Schulter. Beim dritten Stück “I Won’t Believe” wird das Live Line-Up dann in der Mitte des Songs, wo es schneller und lauter wird, durch Gitarrist Carsten und Drummer Achim komplettiert, die auch erst einmal eine ganze Weile mit Peter und Markus zusammen den Abend bestreiten. Ihre Sounds sind allerdings meist nur eine Bereicherung, die elektronischen Klänge und auch teilweise nach wie vor computergesteuerten Drumtöne dominieren das Klangbild. Neben Songs von “Casting Shadows” gibt es natürlich auch einige ältere Stücke zu hören. Die beste Stimmung kommt beim Klassiker “The Sparrows And The Nightingales” auf, und auch “Annie”, “Once In A Lifetime” oder “Künstliche Welten” werden gefeiert. Die Stimmung ist den ganzen Abend lang gut – nicht ganz so ausgelassen wie bei einem fetzigen Rockkonzert, bei dem auf der Bühne Action total geboten wird und es richtig kracht, aber für ein elektronisches Konzert durchaus beachtlich. Peter sieht dann auch immer wieder glücklich aus, wenn er in die langgezogene Halle blickt, und dass er nicht viel mehr als “Vielen Dank” zwischen den Songs sagt, das kennt man beim zurückhaltenden, sympathischen Sänger ja. Die Lichtshow ist okay, die Dekoeffekte sind nett, wenn auch nicht überragend einfallsreich mit zwei großen Propellern, die einmal auch Funken sprühen, zwei Luftgebläsesäulen, einem Goldkonfetti-Regen und einer aufblasbaren Figur hinten, die sich buckelig immer wieder mal aufbäumt. Aber mal ehrlich, eine große Show erwartet man bei Wolfsheim doch auch nicht. Man möchte Markus und Peter einfach nur live sehen, letzteren vor allem live hören, und tolle Songs genießen. Und so enttäuschten Wolfsheim in keiner Weise mit ihrem 90-minütigen Konzert. Eine besondere deutsche Band, die längst aus der Independent-Nische heraus geklettert ist und zu Recht inzwischen auch zählbare Erfolge feiern kann.
Lest auch unser Interview mit Peter Heppner zum aktuellen Album “Casting Shadows”.