Home MusikInterviews Alex Christensen im Interview zu seinem neuen Album “Classical 80s Dance” (09/21 – mit Rezension)

Alex Christensen im Interview zu seinem neuen Album “Classical 80s Dance” (09/21 – mit Rezension)

Autor: Tobi
Alex Christensen (© Marcel Brell)

(© Marcel Brell)

Als DJ machte er sich einen Namen, als Songschreiber zeichnete er für Hits wie “Ritmo De La Noche” von Chocolate (1990) oder “I Believe” von Bro’Sis (2001) verantwortlich, als Produzent arbeitete er für Right Said Fred, ATC oder Prince Ital Joe feat. Marky Mark, als Jurymitglied war er bei der Castingshow “Popstars” zweimal dabei, und als Künstler hatte er mit dem Projekt U96 und “Das Boot” (1992) sowie als Alex C mit “Du hast den schönsten Arsch der Welt” (2007) große Chart-Erfolge.

Die Rede ist von Alex Christensen, und dieser hat sich seit fünf Jahren einem neuen Projekt verschrieben, das ihm wieder tolle Verkaufszahlen beschert. Zusammen mit dem hierfür zusammen gestellten, fast 50-köpfigen The Berlin Orchestra und einigen jungen Sängerinnen interpretierte der Hamburger auf “Classical 90s Dance” 2017 erstmals Techno- und Dance-Hits aus den 90er-Jahren als Fusion aus Klassik und Dance. Die Scheibe wurde ein Erfolg, und ein Jahr später wurde dann auch bereits “Classical 90s Dance 2” (lies unsere Rezension hier) nachgeschoben, dem gleichen Prinzip folgend, aber diesmal mit einigen namhaften Gästen am Mikrofon, wie Melanie C, Anastacia oder Pietro Lombardi – ein weiterer Charterfolg.

Aller guten Dinge sind bekanntlich drei, und so dauerte es wieder nur ein Jahr, bis 2019 “Classical 90s Dance 3” (lies unsere Rezension hier) vorlag, mit Gästen wie Natasha Bedingfield, Maite Kelly, Giovanni Zarrella oder Thomas Anders sowie öfters von Alex verpflichteten Stimmen von Yass, Linda Teodosiu oder Asja Ahatovic.

Wir schreiben das Jahr 2021 und Alex Christensen geht neue Wege – na gut, das tut er nicht, aber auf seinem neuen Album “Classical 80s Dance” beschert er mit The Berlin Orchestra nun erstmals Hits der 80er-Jahre als Fusion aus Klassik und elektronischer Musik.

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Stilistisch hat sich nicht viel geändert und Alex melkt die Erfolgs-Kuh munter weiter – aber warum sollte er das auch nicht tun. Auch wenn hiermit kein Innovationspreis gewonnen werden kann, lassen sich auch die vorliegenden 19 Tracks auf 62 Minuten wieder gut anhören. Der eine oder andere hört sicher lieber die 80er-Originale, neben diesen können die neuen Adaptionen aber ja problemlos koexistieren, und die orchestralen Arrangements besitzen durchaus ihren Reiz, mehr noch als die dazu erklingenden Dance-Beats und Elektro-Klänge, die zielsicher, aber eher unspektakulär gesetzt wurden.

Interessant werden die Tracks natürlich aber auch durch die Sängerinnen und Sänger, die Alex verpflichten konnte. Ronan Keating singt Bronskie Beats Hit “Smalltown Boy”, Sophie Ellis Bextor das im Juni 1984 im Original von Raf und der Interpretation von Laura Branigan gleichzeitig die Plätze 1 und 2 der deutschen Charts belegende “Self Control” sowie den Eurythmics-Klassiker “Sweet Dreams (Are Made Of This)”. Gary Barlow interpretiert “Don’t Dream It’s Over” von Crowded House, Glasperlenspiel sind bei Phil Collins’ “Another Day In Paradise” zu hören, Mike Singer bekräftigt wie einst Rick Astley “Never Gonna Give You Up”, während Mandy Capristo Visages “Fade To Grey” ihre Stimme leiht.

Das ist nicht immer total spannend, aber eben das Konzept, und der Erfolg gibt Alex recht. Wirklich interessante Neuinterpretationen liegen mit Soft Cells “Tainted Love” vor, bei dem statt Gesang Geigenspiel von David Garrett erklingt, und mit “Total Eclipse Of The Heart”, denn die Nummer kommt flott daher und hierfür wurde die Originalsängerin Bonnie Tyler ins Boot geholt – irgendwie will man bei dem Stück auch gar niemand anderen hören. Das gilt allerdings eigentlich auch für ein paar andere Nummern, und so tut es etwas weh, wenn New Orders Megahit “Blue Monday” zu eher öden Beats von Felix Räuber (Polarkreis 18) gesungen wird.

Etwas aus der Reihe fällt auch noch My Mines “Hypnotic Tango” – nicht durch den Gesang von Leony, sondern weil VIZE hier ein clubtaugliches Edit gefertigt haben. Ansonsten hört man Seven bei Adamskis “Killer”, Ana Kohler bei Limahls “Never Ending Story”, Chimène bei Desireless’ “Voyage Voyage”, Nima bei F. R. Davids “Words” – und auch Asja Ahatovic (“Living On Video”) und Yass (“Fotonovela”) sind wieder mit am Start, bevor Alex mit dem kurzen, durchaus vernüftigen Instrumental “Slave To The 80s” abschließt. Eine grundsolide Scheibe, die ihren Prinzipien treu bleibt.

Über das neue Album führten wir ein Interview mit Alex.

“Ich bin jetzt schon beim vierten Album angelangt, also liegt es bei so einem tollen Thema doch auf der Hand, dass man da weiter macht.”

MUM: Nach drei erfolgreichen “Classical 90s Dance” Alben hast du jetzt Songs der 80er mit Orchester neu aufbereitet? Für viele inklusive mir ist dieses Jahrzehnt ja musikalisch noch weit spannender gewesen als die 90er. Fühltest du dich aber zunächst diesen näher, weil du dort mit U96 und “Das Boot” deinen ersten großen Hit landen konntest?

AC: Also ich fühle mich eigentlich den 80ern genauso nah wie den 90ern, denn in den 80ern ist mein Musikgeschmack geprägt worden, da ich angefangen habe, Platten zu kaufen, in Konzerte zu gehen – irgendwie gefiebert, die nächste Heaven 17 zu kaufen und Thompson Twins, da gab es dann irgendwie die Picture Disc, solche Sachen. Das hat meinen Musikgeschmack natürlich gebildet, und ich werde nie den Moment vergessen, wie “Fade To Grey” das erste Mal in einer Dorfdisco lief, wo ich rein durfte und das dann gehört habe, mit toller Lichtanlage – das sind bleibende Eindrücke. Deswegen sind die 80er für mich geschmacklich prägend gewesen, als Konsument und als verrückter Plattensammler.

MUM: Nach welchem Prinzip hast du die Titel für das Album ausgewählt?

AC: Das Prinzip ist, dass ich einen persönlichen Bezug zu den Songs haben muss. Ich muss eine Geschichte erzählen können, etwas erlebt haben, das mit dem Song zusammenhängt, und dann ist es für mich soweit, den Song auf’s Album zu bringen. Das ist eine sehr subjektive Auswahl, zum Beispiel wie ich schon erzählt habe mit “Fade To Grey”, das ist mein ewiges Disco-Erlebnis, oder “Never Ending Story”, da war ich ganz großer Michael Ende Fan, habe alle Bücher von ihm verschlungen und habe auch in der Zeit mit Patrick Süskind “Das Parfum” und so viel gelesen – deswegen ist dieser Song ewig präsent in der Bestenliste meiner Lieblingslieder.

MUM: Wie schon zuvor hast du zahlreiche namhaften SängerInnen und Musiker gewinnen können, um die Songs einzusingen oder wie bei David Garrett instrumental zu bereichern. War dies nach den Erfolgen der 90er-Scheiben einfach oder musstest du hier viel Überzeugungsarbeit leisten?

AC: Also es war diesmal ein bisschen einfacher, SängerInnen und Musiker zu gewinnen, um bei meinem 80er-Jahre-Projekt dabei zu sein, denn ich habe eben mit den ersten drei Alben großen Erfolg gehabt. Da braucht man das auch nicht lange zu erklären, und man hat natürlich in den 80ern so viele Songs, zu denen die Künstler oder die Eltern eine Verbindung haben. Da kann man sich dann irgendwie ganz schnell auf künstlerischer Ebene einigen, was man macht und wie man sich das vorstellt. Das war aufwändig, aber lange nicht so schwer wie ganz am Anfang.

MUM: Bei welchem Gast hat es dich am meisten gefreut, ihn oder sie gewinnen zu können, und warum?

AC: Also erstmal freue ich mich natürlich über alle Gäste, die auf meinem Album dabei sind. Ich finde es immer ganz toll, dass ich viele Newcomer dabei habe, aber eben auch große, gestandene Stars. Ich hatte zum Beispiel schon seit zwei, drei Alben versucht, mit Gary Barlow Kontakt aufzunehmen und ihn vielleicht dabei zu haben, und dass es jetzt auf dem vierten Album geklappt hat, freut mich natürlich umso mehr. Aber eigentlich bin ich über alle Künstler froh, da will ich niemanden hervorheben.

MUM: Gibt es in der Herangehensweise an das neue Album einen Unterschied zu den 90er-Aufbereitungen oder ist das Prinzip 1:1 das Gleiche geblieben?

AC: Die Herangehensweise an das neue Album war natürlich schon geprägt durch die Erfahrungen der letzten drei. Nur hat Corona mir dann einen Strich durch die Rechnung gemacht, denn ich konnte zum Beispiel keine Orchesteraufnahmen in Berlin machen, dadurch, dass so eine Brass-Section mit Trompete, Saxophon und Posaunen natürlich nicht zusammen spielen konnte mit den Streichern. Das war alles relativ schwierig. Wir haben ein paar Aufnahmen in Berlin machen können, dann wieder nicht. Dann bin ich so um die halbe Welt gereist, war in Prag, habe da ein paar Aufnahmen gemacht. Ich musste mich so ein bisschen Corona beugen und improvisieren, was aber glaube ich sehr gut gelungen ist – eben auch, dass wir viele Künstler über Internet-Möglichkeiten aufgenommen haben, mit Zoom-Calls und all solchen Geschichten und Source-Programmen, die da liefen – das war schon eine Herausforderung. Die größte Herausforderung bei dem vierten Album waren die Corona-bedingten Schwierigkeiten, nicht reisen zu dürfen, und Musik ist sozialer Kontakt, und ohne soziale Kontakte und ohne mit der Band oder dem Orchester zu spielen und Musik zu machen, das fiel mir schwer. Da hatte ich größe Hürden zu überwinden und habe eben auch länger gebraucht als sonst, nicht ein Jahr sondern zwei Jahre an dem Album gesessen. Aber vielleicht zahlt sich das für die Qualität aus, und alles Schwierige hat ja vielleicht auch was Gutes. Zum Glück konnte ich auch Bonnie Tyler noch leibhaftig in Portugal aufnehmen, zwei Tage später begann dort ein großer Lockdown und ich hatte Schwierigkeiten, überhaupt zurück zu kommen.

MUM: Ich fand es gut, dass Bonnie Tyler selbst die neue Version von “Total Eclipse Of The Heart” singt, weil ihre Stimme einfach zu dieser Nummer dazu gehört. Hast du darüber nachgedacht, weitere Originalstimmen einzuladen?

AC: Bei Bonnie Tyler und “Total Eclipse Of The Heart” war für mich eigentlich klar, das kann kein anderer singen, denn sie ist mit diesem Song so fest verbunden und verbandelt. Ich hatte aber eben die Idee, den Song als Dance-Version zu machen, so dass sie heraus gefordert ist, ich heraus gefordert bin, und dass auch der Zuhörer ein gewisses Add-On hat, eben etwas Neues bekommt und nicht den Song wieder als Ballade, das wäre mir dann doch zu einfach gewesen. Und Bonnie Tyler ist so ein großartiger Mensch und so eine großartige Künstlerin, die natürlich auch total Lust hatte, solche Sachen zu machen und so einen Song mal ganz anders zu besehen und zu singen. Ich finde, wir haben eine ganz großartige Version bekommen, und wie schon gesagt, ihre Stimme ist eben mit dem Song so eng verbunden. Ich finde, das ist so ähnlich wie Michael Jackson mit “Beat It”, das kann man auch nicht mit jemandem covern. Es gibt Songs, die mit der Stimme verwachsen sind, und der gehört dazu.

MUM: Welches ist dein Lieblingssong auf dem Album, und warum?

AC: Mein Lieblingssong auf dem Album, das schwankt eigentlich immer. Anfangs ist es “Smalltown Boy” gewesen, weil Ronan Keating es nicht im Falsett singt sondern mit seiner normalen Stimme, dadurch hat der Song einen neuen Approach und ich finde ihn ziemlich interessant. Es schwankt aber wirklich jede Woche. Im Moment bin ich auf dem Trip, dass ich total gerne “Never Ending Story” von Ana Kohler höre – ich habe sozusagen jede Woche einen neuen Lieblingssong.

MUM: Die neue Version von “Hypnotic Tango” hast du direkt noch von VIZE zur fetten Clubnummer editieren lassen. Wie kam es dazu?

AC: Ja, die “Hypnotic Tango” Version mit der wunderbaren Leony, die ja zusammen mit VIZE große Erfolge feiert, freut mich besonders. Ich kenne Vitali, den Gründer und Namensgeber von VIZE, schon sehr lange und habe seine Karriere verfolgt. Ich habe ihn auch kennen gelernt in ganz frühen Stunden, als er nach Deutschland kam und gerade anfing, Musik zu machen. Der Werdegang ist im Prinzip parallel zu meinem gewesen, deswegen konnte man da relativ kurze Wege machen und ich habe gefragt: “Hast du nicht Lust, da mal mitzumachen?” Vitali hat zum Glück gleich “Ja” gesagt, und Leony war auch begeistert. Ich finde, wir haben da eine ganz tolle Version von “Hypnotic Tango” schaffen können und eben auch diese Brücke geschlagen zwischen den 80ern und dem aktuellen Sound, was gerade im Club so läuft.

MUM: Wenn man sich deine Veröffentlichungen in den letzten Jahren anschaut, dann muss man kein Orakel sein, wenn man nun auch hierzu Nachfolgealben erwartet. Ist ein “Classical 80s Dance 2” schon in Planung?

AC: Als kleiner Junge habe ich immer schon davon geträumt, dass ich irgendwann mal ein Box-Set haben würde mit Alben, die ich produziert habe. Ich bin jetzt schon beim vierten Album angelangt, also liegt es bei so einem tollen Thema doch auf der Hand, dass man da weiter macht. In der Tradition von James Last, der ja quasi monatlich ein Album veröffentlicht hat, möchte ich jährlich ein Album in dieser Richtung machen und freue mich schon auf Teil 2, weil da gibt es noch so viele tolle Lieder, mit denen ich was anfangen kann, und selbstverständlich plane ich das weiter. Es ist wie mit “Fast & Furious” – die Fortsetzungen werden immer besser.

MUM: Die für dieses Jahr geplante Tournee mit The Berlin Orchester ist auf 2022 verschoben worden und ihr spielt Stücke aus den 90er-Alben ebenso wie einige aus der neuen Scheibe. Natürlich kannst du nicht alle Gäste mit an Bord haben. Kannst du schon verraten, wer dabei sein wird?

AC: Also wir haben ein ganz, ganz tolles Bühnenprogramm. Es sind tolle Sänger dabei, unser Orchester ist dabei, und hier und da haben wir natürlich auch Gast-Features, die auf den Alben schon waren. Wer jetzt genau dabei sein wird, das weiß ich noch nicht, das ist ganz abhängig von den Tourplänen der anderen. Durch Corona ist das alles ein bisschen durcheinandergeschaukelt worden, aber für jeden Zuhörer ist das glaube ich ein großes Erlebnis, mal wieder eine Reise in die 90er oder 80er zu machen mit diesem fantastischen Sound und diesen tollen Songs.

MUM: Was sind deine nächsten Pläne in einer Zeit, in der es immer noch viel Ungewissheit gibt?

AC: Ich habe durch Corona gelernt, dass ich mir gar nicht so große Pläne machen kann, weil man wacht morgens auf und dann gibt es eine neue Gesetzeslage oder eine neue Virus-Variante, und dadurch wird immer vieles umgeschmissen. Deswegen sind die Pläne in die Zukunft etwas kürzer geworden, nicht mehr so weitreichend. Das ist vielleicht auch ein Weg, den man im Leben lernen muss, dass man eben nicht mehr so groß lange planen kann – die Welt kann aus dem Fugen geraten und alles kann durcheinander schaukeln, durch Naturkatastrophen oder eben eine Virus-Variante. Das habe ich aus dieser Zeit gelernt.

MUM: Welche Frage wolltest du schon immer mal gestellt bekommen, und wie wäre die Antwort?

AC: Ich kneife mich manchmal noch, weil ich mache jetzt schon so lange Musik und ich bin schon so lange erfolgreich, und denke immer: Ich weiß gar nicht, ob ich dazu gehöre zu dieser erfolgreichen Musikszene. Irgendwie bin ich Teil von ihr, aber irgendwie gehöre ich nicht dazu, weil ich mich ja privat eher nicht mit Musikern treffe, sondern mit meinen alten Freunden, die nie Musik gemacht haben. Deswegen denke ich manchmal, da kommt einer und sagt: “Also der Christensen, der gehört doch gar nicht dazu, schick den mal nach Hause!” Das ist wahrscheinlich aber auch eine Angst, nicht mehr Musik machen zu können – aber das ist eine Frage, die ich mir regelmäßig immer wieder stelle.

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MUM: Mucke und mehr
AC: Alex Christensen

Mehr Informationen zu Alex Christensen findet man auf www.alexchristensen.net und facebook.com/Alexu96Christensen.

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