Den Namen Bananafishbones kennt immer noch nicht jeder, spätestens aber, wenn man “Come To Sin” aus dem Jahr 1999 anspielt, kommt einem ein lautes “Ach von denen ist das!” entgegen, wurde der Song doch in einem C&A-Werbespot verwendet. Sebastian Horn (29, Gesang und Bass) gründete vor 13 Jahren zusammen mit Florian Rein (29, Drums) die Band und benannte sie nach einem Song von The Cure. Seit 1991 komplettiert Sebastians großer Bruder Peter (38, Gitarre und Gesang) das Trio. Das erste Album “Grey Test Hits” nahmen die Musiker aus Bad Tölz 1995 ebenso in Eigenregie auf wie die EP “Horsegone” und den zweiten Longplayer “Live & Unplugged”. Dann kam 1998 “Viva Conputa”, das nach dem Werbeeinsatz von “Come To Sin” gleich von Polydor noch einmal herausgebracht wurde. Der Song wurde ebenso ein Erfolg wie das Album, und mit “Easy Day” schob man noch eine weitere beachtete Single nach, mit Franka Potente im Videoclip.
Nun melden sich die Bananafishbones mit “My Private Rainbow” zurück, einer wieder sehr abwechslungsreichen Scheibe mit Stücken zwischen Gitarrenpop, rockigeren Momenten, Country und Elementen aus anderen Stilen. Die erste Single “Glam” gab dem Ganzen ein Aussehen, traten die Jungs doch in Glitzeranzügen im Video auf, und genau so erschienen sie auch zu ersten Showcases zur neuen Scheibe, bei denen sie ihre Bühnenfähigkeiten mal wieder unter Beweis stellen konnten. Wir sprachen mit Sebastian:
“Bildung schafft keinen Boden für das, was aus Dummheit erwachsen kann, wie Rassismus etc., das ist alles Nichtwissen.”
MUM: Wir sind die ersten Reaktionen auf die neuen Songs?
S: Sehr gut. In Hamburg war ja die ganze Plattenfirma, und uns wurde gesagt, für das kühle Hamburger Publikum sind die geradewegs ausgeflippt. In Berlin war es für uns das schwierigste Konzert, weil ich nicht wusste, ob das, was wir spielen, ankommt oder nicht. Wie hat es dir gefallen, sag doch?
MUM: Es hat mir gut gefallen. Es war eben auch nicht als typischen Konzert, bei dem man sich vor die Bühne knallt, konzipiert, also haben alle eher relaxt gesessen oder etwas distanziert gestanden, aber was sich so gehört habe, waren die Reaktionen durchweg positiv.
S: Cool.
MUM: Wie klangen denn eure ersten Alben? Die “Viva Conputa” kennt man ja, aber die ersten Scheiben gar nicht.
S: Das erste Album, mit dem damaligen Wahnsinnshumor “Grey Test Hits” genannt, war eine Sammlung. nach sieben Jahren Liveerfahrung haben wir gedacht, wir müssten aus den 50 oder 60 Liedern mal die rauspicken, die wir am besten finden, und aufnehmen. Das ist eine typische Erstlingsplatte, bei der man alles selbst macht, natürlich mit allen Fehlern, die man so machen kann. Es gibt ein paar Leute, die davon total begeistert sind, weil sie das so ehrlich und sympathisch finden. Es sind härtere Songs drauf, teilweise. Dann haben wir ein Livealbum aufgenommen in unserer Heimatstadt Bad Tölz, da haben wir uns unplugged hingesetzt und gespielt. Dann kam die EP “Horsegone” mit der Abba-Covernummer “Gimme Gimme” in ziemlich harter Version und “Easy Day” in der Urversion. Dann ging es eigentlich los. Von der “Viva Conputa” gibt es zwei Ausgaben. Die erste haben wir auch noch komplett selbst gemacht, und dann gibt es die, die bei Polydor erschienen ist.
MUM: Mit der selbstproduzierten “Viva Conputa” seid ihr dann also auch noch durch die Plattenfirmen getingelt.
S: Mit jeder unserer Scheiben, und wir haben immer die übliche Absage bekommen.
MUM: War das ein Konzert, was dann mal den Ausschlag gegeben hat, dass ihr den Deal bekommen habt?
S: Nein, das war ein sehr hartnäckiger junger Mann, unser Manager Holger Voigt, der gesagt hat: “Jungs, ich will euch managen!”. Wir hatten alles acht Jahre selbst gemacht und mit “Nein, danke, lass mal stecken.” abgelehnt, aber er war so hartnäckig. Er meinte: “Vertraut mir mal, ich kümmere mich mal drei Wochen drum und komm wieder.” Nach drei Wochen kam er wieder und hatte von sieben Major-Labels Verträge auf den Tisch gelegt. Da sind wir dann auch in die Wahrheiten bei den Plattenfirmen eingeführt worden. Es stimmt wirklich, dass da täglich Wäschekörbe mit neuen Demos ankommen, die dann teilweise gar nicht alle angehört werden können. Da brauchst du jemanden, der dahintersteht und denen einhämmert: “Hey, das hier ist so geil, hört euch das an.”
MUM: Wo liegen denn eure Wurzeln in Bezug auf Country, wer kommt denn aus der Richtung?
S: Die Country kommt von Giant Sand oder Wilco, das sind so die Neo-Country-Sachen, und wir haben in unserer langjährigen Liveerfahrung auch Country-Sachen gecovert, wie “Rosegarden” von Lynn Anderson, und “Going Down An Old Dusty Road” von Woodie Guthry, wo ich ein riesiger Fan bin.
MUM: Gibt es sonst Bands, die euch beeinflusst haben?
S: Die Eels sicher, und Ween sind für uns wichtig, da sie vom Country-Album mit Nashville-Musikern bis zu brutal hartem Sound mit dem Seitenprojekt Noise Boys zu bewundern sind, ob der Stilvielfalt. Die geben da ihre Visionen rein, und das versuchen wir auch. Ansonsten bin ich eher der Typ für’s Härtere, Marilyn Manson und Pantera, das ist meine Ecke. Der Peter ist ein Freund so ganz komplizierter Musik, Material, King Crimson und so. Der Schlagzeuger hat seine Wurzeln im Jazzbereich, hat auch sein Jazzquartett, mit dem er noch spielt, wenn er Zeit hat.
MUM: Diese unterschiedlichen Wurzeln kollidieren aber nicht?
S: Nein, das ist eher fruchtbar. Wir haben ja auch einen gemeinsamen Pool, so Ween, Radiohead, Cake, das ist so die Schnittmenge, würde man in der Mathematik sagen.
MUM: Welches sind deine Favoriten auf eurem neuen Album?
S: Meine sind “Harm”, “Guinneapix” und “Glam”, das variiert aber immer so ein bisschen.
MUM: Machst du alle Texte?
S: Ja, die mache ich alle.
MUM: Und die Musik macht Peter.
S: ja, der Peter. Und dann werden in Zusammenarbeit die Bassfiguren und Gesangsmelodien erarbeitet.
MUM: Habt ihr Musik oder Texte zuerst?
S: Eigentlich immer erst die Musik, weil ich auch sehr viel Wert darauf lege, dass das schön eingebettet ist. Meine Texte liegen mir Wort für Wort am Herzen. Ich hatte es auch schon öfters so, dass ich Texte hatte, die dann in den Fluss nicht so recht reingepasst haben, und dann hieß es: “Du musst was wegnehmen.”, und das fand ich nicht toll. Inzwischen warte ich daher. Im Übungsraum wird improvisiert, die Melodie steht ja auch, und wenn die Musik fertig ist, dann erst schreibe ich den vollständigen Text.
MUM: Wie lebt man denn nach einem Hit wie “Come To Sin”, da verändert sich doch sicher vieles.
S: Ja, der Song hat uns ja im Endeffekt auch den Major Deal gebracht, das war auch eindeutig als Chance gesehen.
MUM: Ach ihr hattet zuerst die Vereinbarung mit C&A, und dann erst den Deal mit Polydor?
S: Ja. Da gibt es ja auch zwei Ausfertigungen. Zuerst haben wir da 500 Singles gepresst und das hat überhaupt nicht funktioniert, später gab es das nochmal bei der Polydor, und dort lief es dann. Aber so ein Riesenhit war es nun auch nicht, die höchste Position war 23 oder so.
MUM: Die Werbespotnummer hat euch auch Holger vermittelt?
S: Nö, die haben wir über unseren Bruder Hans bekommen, der ja auch unser “Easy Day”-Video gedreht hat und so. Der hat eben mit Roman Kuhn, der die C&A-Spots gemacht hat, zusammen gearbeitet und gemeint, er würde da zufällig eine ganz tolle Band kennen. Viel Vitamin B also.
MUM: Steht schon fest, welches die zweite Single werden wird?
S: Ja, “Bum”. Eigentlich sollte das die erste Single werden, aber wir haben ja völlige künstlerische Freiheit und wollten lieber “Glam” als Song zum Zurückmelden haben, weil es ein sehr melodiebetontes Lied ist. Man muss sich da zwar erst reinfinden, aber ich finde solche Lieder wertvoller als die, die man auf Anhieb toll findet, bei denen der Verschleiß dann aber sehr groß ist.
MUM: Vor allem gibt euch “Glam” ja nun auch den äußeren Rahmen.
S: Ja, klar, das mit den Anzügen und so.
MUM: Ihr habt mal in Amerika gespielt, wie war das so?
S: Ja, drei Konzerte in Los Angeles. Das war eigenartig. Da meine Texte sehr europäisch und dementsprechend freizügig sind, waren die da schon teilweise überrascht. Amis halt. Aber vom Sound und dem Auftreten her waren sie schon erstaunt. Gerade die Performance zeichnet uns ja aus. Vor allem Peters Akustikgitarre, mit der er Klangwelten erzeugt, als hätte er einen Synthie eingebaut, waren sie begeistert.
MUM: Wo ist denn der Unterschied von einem kleinen Konzert wie bei den Promo-Showcases jetzt zu den größeren Konzerten.
S: Richtig groß auf Tour sind die Clubs auch nicht viel größer, so im 300- bis 500-Leute-Rahmen, da legen wir auch großen Wert drauf, dass es gemütlich ist. Man hat dann die Möglichkeit, sich dort zwei bis zweieinhalb Stunden dem ganzen Spektrum hinzugeben, was wir haben. Eine viertel Stunde spielen wir dann unser schwermütiges Programm, dann zieht es wieder an, da kann man sehr viel mehr spielen mit dem Aufbau des Konzerts. Man spielt halt eben auch für Fans, die Karten kaufen und drauf warten, uns zu sehen.
MUM: Wie war es mit Bryan Adams, habt ihr ihn kennengelernt?
S: Nein, der kam eine viertel Stunde vor der Show, geht auf die Bühne, und dann ist er auch schon wieder weg gewesen. Einmal habe ich ihn zu einem Autogramm bewegen können, aber da hat er so gekritzelt, das kann man nicht mal lesen.
MUM: Hat sich für dich generell viel geändert, jetzt wo du Vater geworden bist? Bist du ruhiger geworden, sind die Texte anders geworden, oder schlägt das da gar nicht mit rein?
S: Das schlägt nicht mit rein. Es kommt eher eine große Freunde dazu, dass alles sehr gut gelaufen ist, dass wir ein supergeiles Kind gekriegt haben, das sehr zufrieden ist, viel schläft, die Nacht durchpennt. Das ermöglicht mir auch alles. Im Studio war das so, dass ich, als die Geburt anstand, mir dachte, ich singe sogar die ruhigen Lieder so, als würde ich sie meinem Sohn vorsingen, und dann kriegst du nochmal eine ganz andere Weichheit. Ich habe eine ganz tolle Frau dazu, wir sind auch verheiratet, und das passt alles sehr gut.
MUM: Das kollidiert jetzt auch nicht mit dem Touren oder so?
S: Nein, das ist bei uns eher so, dass es auch von ihr genossen wird, dass ich mal eine Zeit nicht da bin. Dann ist sie mit ihren Freundinnen zusammen, die ziehen dann mehr oder weniger bei uns ein, und dann machen die ihr Schneideratelier, dann stehen überall die Nähmaschinen rum. Ich bin dann ja auch wieder zwei, drei Wochen die ganze Zeit da, nicht so wie bei anderen, die erst sieben Uhr nach Hause kommen. das funktioniert sehr gut bis jetzt, ich wüsste auch nicht, warum sich das ändern sollte.
MUM: Wenn du jetzt die größten Unterschiede des neuen Albums zum Vorgänger beschreiben müsstest, welche wären das?
S: “My Private Rainbow” ist aus einem Guss entstanden. “Viva Conputa” war ein Album, das aus zweijähriger Arbeit hervorgegangen ist. Für das neue Album haben wir vier Wochen in Italien vorproduziert, dann folgten zwei Wochen Extrem-Übungsrauming, und dann haben wir das Ding aufgenommen. So 30 Lieder hatten wir, von denen wir 22 ausgearbeitet und im Endeffekt 14 mit auf die Platte genommen haben. Wir haben schon wieder sieben Stücke für das nächste Album in Arbeit, haben ein großes kreatives Output.
MUM: Gib es etwas Bestimmtes, das du mit deinen Texten ausdrücken willst?
S: Ich möchte sehr viel damit ausdrücken, und die Texte sind durchaus vielschichtig. Die Aussage ist für mich, dass man sich bilden sollte, dass man nie einschlafen sollte. Bildung schafft keinen Boden für das, was aus Dummheit erwachsen kann, wie Rassismus etc., das ist alles Nichtwissen. Die Liebe ist natürlich auch wichtig, und der Humor.
MUM: Wurde “Dark Clouds” absichtlich im “Twin Peaks”-Stil geschrieben?
S: Nein, absichtlich nicht, das ist so mit passiert. Auf “Viva Conputa” war “Falling” so die “Twin Peaks”-Nummer gewesen. Vom Text her ist es eher die Fantasy-Richtung, der Zwerg-Baum-Konflikt. Die Bäume können ja die Zwerge gar nicht ausstehen, weil diese sie abhacken und für ihre Stollen benutzen. Da war es von den Zwergen natürlich ein bisschen kurzsichtig, sich an einen Baumgeist zu wenden, um größer zu werden.
MUM: Wie kommst du auf deine Texte?
S: Das ist verschieden. Einerseits lasse ich mich viel durch die Musik inspirieren. Ich höre die dann und falle so rein, und ich lasse mich dann auf Bilder ein, die durch die Harmonien bei mir entstehen. Ich lasse mich aber auch durch spontane Dinge beeinflussen. Wenn ich irgendwas ganz Alltägliches sehe, dann läuft da im Kopf oft gleich was ab. “Guinneapix” ist ja auch ein brutaler Text, bei dem voll der Wortspielspaß bei mir rausgekommen ist. Das geht zwar schon an die Sinngrenze, aber das musste da so sein.
MUM: Gibt es ein bestes Bananafishbones-Konzert, an das du dich erinnerst?
S: Da fallen mir zwei ein. Das eine war in Saarbrücken, auf der letzten Tour. In dem kleinen Raum, wo wir spielen sollten, durften wir dies aus Lärmschutzgründen oder so nicht tun, und dann hat man uns in eine 3000 Mann-Halle gesteckt. Da kamen so 150 Leute, und wir dachten schon: “Oh Gott!”. Wir haben dann die Boxen ganz weit reingezogen und eine kleine Bühne erzeugt, und wir haben ein Konzert gegeben, das ich nie vergessen werde. Wir haben da fast vier Stunden gespielt, und die Leute waren wie verrückt. Bei den ruhigen Stücken war Totenstille, bis der letzte Ton erklungen ist, und dann hattest du orkanartigen Applaus und Krach. das war so eine richtig eingeschworene Gruppe vorne, das war toll und begeisternd. Das zweite ist das Open Air letztes Jahr in Bad Tölz, das wir selbst organisiert haben, wo wir mit 3000 Leuten gerechnet haben und es sind 10.000 Leute gekommen. Wir hatten nicht mal Absperrgitter, und es war bumsvoll. Ich bin dann auf die Bühne, das war in einer Fußgängerzone, und habe den Leuten gesagt, dass sie extrem ruhig bleiben müssen, weil die Polizei das schon abblasen wollte. Das ist ein wunderschönes Konzert geworden.
MUM: Vielen Dank für das Interview.
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MUM: Mucke und mehr
S: Sebastian Horn von den Bananafishbones