Home MusikInterviews Howard Jones im Interview zum neuen Album “Transform” (05/19)

Howard Jones im Interview zum neuen Album “Transform” (05/19)

Autor: Tobi

Howard Jones "Transform" Jetzt bestellen bei Amazon.deWer sich in den 80er-Jahren für Musik interessierte, dem ist Howard Jones in jedem Fall ein Begriff. Der sympathische Brite landete 1984 mit seiner zweiten Single “What Is Love?” einen riesigen Hit, und auch auch das Debütalbum “Human’s Lib” verkaufte sich bestens, erreichte in Großbritannien Platz 1 der Charts, bei uns Rang 8. Mit “Dream Into Action” folgte 1985 ein weiteres Erfolgsalbum und Howard spielte sogar beim “Live Aid”-Benefizkonzert im Juli des Jahres. In der Folge gingen die Verkaufszahlen allerdings zurück, und HoJo, wie seine Fans ihn nannten, wendete sich 1989 mit dem Album “Cross That Line” größtenteils von elektronischen Klängen ab. 1994 gründete er das eigene Label Dtox Records und veröffentlicht seither auf diesem seine Musik, die mal akustisch, mal auch wieder elektronisch daher kam, ihn jedoch nicht ins Rampenlicht zurück spülte.

2019 nun kehrt Howard Jones mit “Transform” zurück zu seinen Wurzeln im Elektropop. Nach vielen stilistisch sehr verschiedenen Scheiben fokussiert sich der inzwischen 64-jährige Musiker wieder auf melodische Synthiepop-Nummern. Lies unsere ausführliche Rezension zum neuen Album, die auch umfangreicher auf seine Karriere zurück blickt.

Wir stellten dem stets bodenständig und sympathisch gebliebenen Howard Jones bei einem Treffen in Köln einige Fragen zur neuen Scheibe, seiner Karriere und anderen Themen.

Howard Jones

(Foto: © IMG)

“Solange es herausfordernd und schwierig ist, Musik zu machen, so lange werde ich es tun. Es darf nie einfach werden.”

MUM: Howard, wie geht es dir?

HoJo: Gut, sehr gut.

MUM: Es scheint, als hättest du in den letzten Tagen ein paar tolle Konzerte gespielt, wenn man den Tweets der Fans glaubt, die du ja auch bei dir geteilt hast.

HoJo: Ja, auf Twitter spielen die Leute verrückt, seitdem die Tour gestartet ist. So viel direktes Feedback hatte ich noch nie.

MUM: Das hättest du in den 80ern ganz sicher gehabt, wenn es da Social Media schon gegeben hätte.

HoJo (lacht): Ja, das stimmt natürlich.

MUM: Wie lange wirst du nun touren?

HoJo: Ich weiß gar nicht genau, aber es sind in etwa 50 Shows. UK, Amerika, Japan, und dann in Berlin, Holland und Belgien.

MUM: Bleibt das Konzert in Berlin im Rahmen der IFA am 7. September dein einziges Konzert in Deutschland?

HoJo: Für dieses Jahr ja, aber wir planen bereits eine Tour nächstes Jahr, und dann gibt es mehr Konzerte. Vermutlich sind wir im Mai 2020 wieder in Deutschland. Wir wollten erst einmal abwarten, wie das Radio auf die Platte reagiert und wie sich die Gigs entwickeln.

MUM: Wenn du jetzt wieder mit Synthiepop unterwegs bist, fühlst du dich auf den Konzerten wie damals in den 80ern?

HoJo: Nicht wirklich. Es ist Teil meiner Entwicklung als Künstler, immer wieder neue Sachen zu machen. Ich versuche, mich damit auch anzutreiben, dabei auch immer wieder mal Risiken einzugehen. Ich liebe es auch, mit Bildern zu arbeiten, mit Video-Projektionen und Licht. Das macht auch einen großen Teil der Show aus.

MUM: Wie sieht deine Show denn momentan aus?

HoJo (holt sein Smartphone heraus und zeigt stolz eine ganze Reihe von Fotos, auf denen man deutlich sieht, dass die Gigs aufwändig produziert sind): Ich hoffe, dass wir diese Show nächstes Jahr auch bringen können, sie ist recht teuer. Jeder sagt mir, das Publikum in Deutschland würde diese Show sicher lieben. Hier, schau mal, wir haben auch Tänzer – der hier ist allerdings auf der Leinwand, trotzdem interagiere ich mit ihm.

MUM: Mit deinen letzten Alben bist du nicht zu uns auf Tour gekommen, oder?

HoJo: Nein, wir waren sehr lange nicht in Deutschland.

MUM: Hast du jemals überlegt, Jed wieder mit auf Tour zu nehmen? (Anmerkung: Jed Hoile war in den 80ern als Pantomime mit auf der Bühne bei Howards Konzerten)

HoJo: Jed ist tatsächlich ein Teil der Show, aber nur gefilmt, also auf der Leinwand. Er möchte nicht mehr auf der Bühne tanzen, hat aber gerne im Video mitgewirkt.

MUM: Das ist für die alten Fans natürlich eine coole Sache.

HoJo: Ja, und wir sind auch immer noch gute Freunde.

MUM: Wie würdest du das neue Album mit wenigen Worten umreißen?

HoJo: Synth-basiert, elektronisch, Songs – es spiegelt wider, was ich tue, es ist Howard Jones, Howard Jones’ Musik. Aber zeitgemäß. Natürlich erinnert es an meine frühen Alben, denn das bin ich, mit meiner Stimme, aber es ist die zeitgemäße Version des Ganzen. Ich bin nicht stehen geblieben, habe mich weiter entwickelt.

MUM: Du nutzt hier aber noch einiges des alten Equipments.

HoJo: Ja, die besten Synthesizer. Die Tracks, die ich mit BT aufgenommen habe, zeigen dies auch. Er hat um die 15 alten Sythesizer im Studio und nutzt diese gerne, so wie auch ich. Alte Software übrigens auch. Einfach das, was am besten klingt. Ich bin aber niemand von denen, die sagen, dass alles analog sein muss, das ist verrückt – es muss nur am besten klingen.

MUM: Wie du gerade sagst sind einige Stücke Kollaborationen mit BT. Wie kam es dazu?

HoJo: Ich war schon lange Fan von BT, für mich ist er ein wirklicher Elektro-Pionier seiner Generation, der neue Techniken erfindet, um Klänge zu manipulieren. Er ist ein sehr visionärer Künstler, dessen Arbeit ich schon immer liebte. Als wir auf Tour in Amerika waren, sah ich, dass er in Miami spielt. Ich habe zur Band gesagt, dass wir da unbedingt hin müssen, und als er heraus fand, dass ich im Konzert war, erwähnte er dies auf der Bühne und ließ das Publikum für mich applaudieren. Ich habe ihn dann hinterher getroffen und er hat mich in sein Studio eingeladen. Wir haben dann mit Eurorack-Geräten herum gejammt. Ich schlug ihm später vor, ein paar Tracks gemeinsam zu machen, und er war sofort begeistert von der Idee.

MUM: Ihr habt also erst gejammt, euch dann für eine Zusammenarbeit entschieden. Das klingt gut.

HoJo: Ja. Ich bin dann nach Hause, er hat mir Sachen geschickt, ich habe sie weiter entwickelt, Texte dazu geschrieben, alles wieder zurück geschickt, er hatte dann auch wieder Ideen. Das ging hin und her, bis ich irgendwann wieder zu ihm ins Studio geflogen bin, um die drei Tracks final zusammen abzumischen. Diese sind so toll geworden, ich liebe diese Tracks, wie aber das ganze Album. Ich kollaboriere normalerweise nicht mit anderen, aber diese Zusammenarbeit war perfekt.

MUM: Das würde sich vermutlich auch anders anfühlen, wenn jemand mit dir singen würde, aber so hat BT für tollen Sound von Songs gesorgt, die immer noch klare Howard-Jones-Stücke sind, und diese finde ich auch besonders gut gelungen.

HoJo: Ja, das stimmt. Danke.

MUM: Fühlst du dich irgendwie wie ein Transformer, oder bezieht sich der Album-Titel eigentlich nur auf das enthaltene Titelstück?

HoJo: Nun, der Inhalt von “Transform” zieht sich durch die ganze Scheibe. Wenn wir die Welt besser machen wollen, dann müssen wir mit uns selbst anfangen, wie wir denken und was wir tun. Diese Philosophie zieht sich irgendwie durch all die Stücke in den Texten. Ich persönlich versuche immer, mich zu entwickeln, mich selbst heraus zu fordern, Risiken einzugehen.

MUM: Wenn wir auf die Vergangenheit zurück schauen, hast du es jemals bereut, damals von der elektronischen Musik weggegangen zu sein?

HoJo: Ich denke, in jeder Karriere gibt es eine Zeit im Rampenlicht, wenn alle wissen wollen, was du machst. Mich hat das aber nie so begeisert. Ich war daran interessiert, Musik zu machen, mit verschiedenen Leuten zu arbeiten, wie Bläsern oder Streichern. Ich hatte aber ja immer auch Keyboards involviert. Das war für mich wie Experimentieren und Lernen.

MUM: War das für dich auch eine logische nächste Stufe, weil “One To One” damals nicht mehr so erfolgreich war wie die ersten beiden Alben?

HoJo: Nein, ich bin da eher meinen Instinkten gefolgt, was ich wirklich tun wollte.

MUM: Es war damals interessant, dass “Cross That Line” sich in den amerikanischen und kanadischen Charts weit besser platzierte als in Europa. Hattest du den Eindruck, dass das groovige “Everlasting Love” oder “The Prisoner” vielleicht für das Übersee-Publikum besser passen?

HoJo: Ich mache ja nie Musik für Menschen in bestimmten Regionen. Mich überrascht so etwas eigentlich generell nicht, denn das Abschneiden hängt nur selten von der Qualität der Musik ab. Da gibt es immer andere Faktoren wie die Plattenfirma und wie viele Leute dich wirklich unterstützen.

MUM: Und wie viel Werbegelder investiert werden.

HoJo: Ja, aber auch wie das Ganze vielleicht gerade in ein Land passt. Das kann man wirklich kaum voraus sagen. Ich wollte einfach nur meine Musik machen. Das war aber ja auch ein Grund dafür, dass ich dann mein eigenes Label gegründet habe.

MUM: Das war ja auch eine Konsequenz der Trennung von Elektra. Hast du auch in Erwägung gezogen, zu einem anderen Label zu gehen, gab es da Angebote?

HoJo: Nein, ich habe das nicht überlegt, da ich mein Schicksal selbst in die Hand nehmen wollte. Und mit immer mehr Internet und dann dem Beginn von Social Media gab es ja auch andere Wege, die Fans zu erreichen. Ich bin wirklich froh, dass ich das alles so gemacht habe.

MUM: Es war ja auch ein Zeichen, dass du keine Kehrtwende hingelegt hast zurück zum Elektropop, sondern auf dem  1992er-Album “In The Running” noch mehr auf Soul und Piano gesetzt hast. Es war nur schade, zu sehen, dass schöne Stücke wie “One Last Try” oder “City Song” kaum noch gehört werden, weil die Leute nichts von ihnen wussten, sie nie im Radio liefen.

HoJo: Es war, wie es war. Es hat mich nicht davon abgehalten, weiter Musik zu machen.

MUM: Mir persönlich hat das 2005er-Album “Revolution Of The Heart” von alle deinen Scheiben am wenigsten gefallen mit eher simplem, elektronischem Dance-Pop. Fandest du es wirklich gut?

HoJo (lacht): Ja, ich mag dieses Album wirklich, finde es sehr gut und war auch glücklich damit. Das wurde auch definitiv nicht simpel erarbeitet, ich habe da viel Mühe reingesteckt.

MUM: Mit “Ordinary Heroes” hast du dich dann 2009 wieder von elektronischer Musik entfernt, um mit dem Multimedia-Projekt “Engage” 2015 wieder zurück zu kehren, aber auf ganz andere Art und Weise. Wie hat das Publikum hierauf reagiert?

HoJo: Ich glaube, das hat die Fans etwas verwirrt, weil es nicht wirklich ein Album war, sondern vielmehr eine Bühnenshow. Daher wurde es ja auch mit DVD veröffentlicht, um das entsprechend genießen zu können. Das hat die Leute verwirrt. Ich persönlich war sehr zufrieden, es zeigte wieder eine ganz andere Seite meiner Musik. Das war aber anscheinend jenseits dessen, was die Fans annehmen konnten. (lacht)

MUM: Vor “Engage” hattest du sechs Jahre nichts veröffentlicht. Hast du in dieser Zeit am Projekt gearbeitet, oder auch einfach mal eine Pause eingelegt?

HoJo: Ich mache eigentlich nie eine Pause. Ich war sicher eine Weile auf Tour, und dann habe ich an neuem Material gearbeitet. Ich höre damit nie auf, ich arbeite immer an etwas.

MUM: Zurück zu “Transform”, welches Stück ist dein Favorit auf dem neuen Album?

HoJo: Ich mag sie wirklich alle, sie sind sehr stark geworden. (Howard grübelt.) Wenn ich jetzt daran denke, sie live zu singen, dann mag ich “Beating Mr. Neg” wirklich sehr, wie ich da auch mit der Leinwand interagiere – ich habe dir vorhin das Foto gezeigt – und auch auf Grund des getragenen Endes mit verträumten Pianoklängen. Das Stück durchläuft verschiedene Phasen, ja, “Beating Mr. Neg” ist vermutlich mein Favorit.

MUM: Worauf reagieren die Konzertbesucher am meisten, vermutlich die Singles?

HoJo: Das hält sich eigentlich die Waage.

MUM: Vermutlich feiern sie vor allem die alten Nummern.

HoJo: Das ist aber nicht so ein großer Unterschied, wie du ihn vermuten würdest.

MUM: Das ist ja dann ein gutes Zeichen.

HoJo: Ich habe da ja auch einiges neu gemischt, so dass es mit den Projektionen harmoniert.

MUM: Die alten Songs sind dann aber größtenteils die Hits, vermute ich.

HoJo: Ja, ich spiele aber auch “The Human Touch” von “Engage”, das macht so viel Spaß. Ansonsten einiges von “Human’s Lib” und “Dream Into Action”. In der Show gibt es aber drei Passagen, wo ich zum Piano gehe und nur begleitet vom Gitarristen singe, also für ein paar Songs die Synthesizer stumm lasse. Das mache ich immer gerne in Shows, für einige Stücke Piano zu spielen. Dann gehe ich zurück zu den Synthesizern und alles bekommt wieder eine ganz andere Energie.

MUM: Wenn du an deine lange Karriere zurück denkst, dann war der Auftritt bei “Live Aid” sicher ein großes Highlight, oder? Welche anderen Höhepunkte gab es?

HoJo: Ja, “Live Aid” war ein riesiges Highlight für jeden Künstler, der damals aufgetreten ist. Hieran teilhaben zu können war unglaublich. Ich erinnere mich auch immer wieder gerne daran, als wir als Headliner im New Yorker Madison Square Garden aufgetreten sind. Das war ein großer Moment, denn ich hatte immer davon geträumt und gedacht, dass dies ein großes Ziel sei, einmal in Amerika dort zu spielen. Auch daran, in der Londoner Royal Albert Hall aufzutreten, erinnere ich mich immer gerne zurück. Dies sind legendäre Spielorte.

MUM: Was sind deine Lieblingsbands, was hörst du?

HoJo: Ich höre in letzter Zeit eigentlich größtenteils Klassik, Sachen wie Ravel oder Debussy.

MUM: Keine Popmusik?

HoJo: Ich höre Radio, um immer einen Eindruck zu haben, was gerade in ist, aber da gibt es irgendwie nichts, was mich verrückt macht. Ich denke, wenn du ein Musiker bist, dann steht immer deine Musik im Vordergrund, an der du schreibst und bei der du versuchst, sie besonders gut zu machen.

MUM: Gehst du gerne mal ins Kino?

HoJo: Ja, schon, und da gibt es ja auch tolle Musik. Ich mag den Soundtrack von “Westworld” sehr, und es gibt viele gute Themes.

MUM: Gab es mal die Anfrage, ob du einen Soundtrack machen würdest?

HoJo: Ja, in den 80ern damals mal, aber ich bin daran nicht interessiert. Ich bin ein Song-Typ. Im letzten Transformers-Film “Bumblebee” wurde einer meiner Songs genutzt.

MUM: …was dann irgendwie auch wieder gut zum neuen Album-Titel passt.

HoJo (lacht): Ja, richtig.

MUM: Was denkst du als Brite über all das Brexit-Chaos?

HoJo: Ich denke, das Land verändert sich mit den Leuten. Die Politiker sehen nicht immer das, was im Land vorgeht. Ich würde uns gerne weiter in der Europa sehen, denn zusammen ist man immer stärker. Ein Austritt wird die Psyche des Landes über Jahrzehnte beeinflussen. Ich glaube aber daran, dass etwas Gutes heraus kommt, was auch immer am Ende passiert.

MUM: Wie geht es in den nächsten Monaten für dich weiter.

HoJo: Wir sind auf Tour und spielen einige schöne Hallen, da haben wir auch drauf geachtet, wie die Bridgewater Hall in Manchester, da habe ich noch nie gespielt, oder die Queen’s Hall in Edinburgh.

MUM: Ich sehe, du bis kein bisschen müde, Musik zu machen.

HoJo: Nein, nein. Solange es herausfordernd und schwierig ist, Musik zu machen, so lange werde ich es tun. Es darf nie einfach werden.

MUM: Vermutlich weißt du noch nicht, ob das nächste Album wieder elektronisch werden wird.

HoJo: Vermutlich sollte es das. Die Sachen jetzt sind so toll angenommen worden, vielleicht sollte ich diesen Fluss beibehalten, und ich befinde mich ja auch gerade im Synth-Modus.

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MUM: Mucke und mehr
HoJo: Howard Jones

Mehr Informationen zu Howard Jones findet man auf www.howardjones.com und facebook.com/howardjones.

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