Aus Holland eines der Alben des Jahres 2001 – “Nothing Less” von Krezip, mit melodischem, schmissigen Rock bester Güte, mal flott, mal gefühlvoll balladesk. Sängerin und Songschreiberin Jacqueline Govaert besticht mit einer großartigen Stimme, und zusammen mit Schwester Anne Govaert (Gitarre), Annelies Kuijsters (Gitarre, Gesang), Joost van Haaren (Bass) und Thijs Romeijn (Drums) stellte sie die holländischen Hitparaden auf den Kopf. Zehn Wochen hielt sich Krezips Album auf Platz 1 der Charts, verkaufte über 230.000 Einheiten. Dass Krezip live klasse sind, davon konnte man sich bei einigen Konzerten in unseren Landen dieses Jahr überzeugen. Wir sprachen mit Jacqueline.
“Das Konzert war toll, aber das war so ein harter Tag, wir hatten da sehr gemischte Gefühle beim Auftritt.”
MUM: Zuerst mal Glückwunsch zu eurem Album, welches für mich eines der besten des Jahres war. Wie läuft es denn für euch hier in Deutschland?
J: Vielen Dank. Schwer zu sagen, wie es für uns bei euch läuft, wir leben ja nicht dort. Ich weiß, dass die erste Single “Won’t Cry” nicht viel im Radio lief, und nun haben wir eine zweite Single draußen. Das ist aber erst zwei Wochen her, und man sagte uns, in Deutschland bräuchten Bands oft länger, bis sie im Radio gespielt werden. Wir sind auch happy, dass wir letzte Woche vier Shows in deutschland spielen konnten. Es hat uns viel Spaß gemacht, und die Reaktion des Publikums war wirklich gut.
MUM: In eurer Heimat Holland seid ihr sehr bekannt. Wie geht ihr mit dem Erfolg um und behaltet eure Füße auf dem Boden?
J: Am Anfang musste ich mich wirklich daran gewöhnen, weil das alles so plötzlich kam. Jetzt aber ist es für uns nicht mehr neu, und uns gefällt das alles schon meistens. Manchmal ist es etwas schwer, weil einem die Leute auf der Straße nachschauen, man ist nie für sich, wenn man in der Öffentlichkeit ist. Trotzdem ist es nicht schwer, am Boden zu bleiben. Es ist eben so gekommen, wie es kam, und ich fühle mich nicht anders als vorher.
MUM: Das Album kam in Holland schon vor einer ganzen Weile heraus. Arbeitet ihr an neuem Material, und wann kommt das nächste Album?
J: Es ist schon irgendwie eine schwierige Phase, weil wir zwei Sachen gleichzeitig tun. Ich schreibe Songs für ein zweites Album und wir proben fleißig, wir sind aber auch dabei, das erste Album in Deutschland zu promoten. Das sind zwei Schienen, aber ich mag das so. Ich kann nicht sagen, wann das zweite Album heraus kommt. Ich bin dabei, zu schreiben, und man muss abwarten – wir haben da noch kein Datum in Auge.
MUM: Ich habe euren Showcase in Köln am 11. September gesehen, dem Tag, an dem die Terroranschläge in den USA die ganze Welt erschütterten. Viele Bands haben ihre Konzerte an diesem Tag abgesagt, ihr nicht. Habt ihr das diskutiert, und warum habt ihr euch entschieden, mit dem täglichen Geschäft weiter zu machen?
J: Das war wirklich schwer. Die Regierung hatte entschieden, alle Konzerte in Hamburg und Berlin abzusagen, nicht aber in Köln. Es wäre also an uns gewesen, aber es waren sehr viele holländische Fans extra gekommen, so dass wir uns entschlossen, zu spielen. Das Konzert war toll, aber das war so ein harter Tag, wir hatten da sehr gemischte Gefühle beim Auftritt.
MUM: Die Fans, die ihr alle von zuhause mitgebracht hattet – hat die Plattenfirma ihnen Fahrt und Konzert bezahlt, um die gute Stimmung zu garantieren, oder sind sie auf eigene Faust gekommen?
J: Das war Idee der PLattenfirma. Ich denke, damals wäre es uns alleine noch nicht gelungen, den Prime Club zu füllen, also hat man die Fans geholt, um die Stimmung zu sichern. Die haben sich natürlich mächtig gefreut, also war dies eine gute Kobination.
MUM: Haben bestimmte Bands deinen Stil beim Songschreiben beeinflusst? Wenn ich eure Musik jemandem beschreibe, dann komme ich immer wieder auf die Cranberries, weil sie auch so eine stimmlich tolle Sängerin haben und auch melodischen Rock spielen.
J: Ich bin kein Fan der Cranberries, aber ich verstehe schon, wie du das meinst. Als ich die Musik für das erste Album geschrieben habe, das habe ich Bands wie Skunk Anansie – warum mussten die sich bloß trennen, ich finde das schade – gehört, K’s Choice und Alanis Morrisette, solche Sachen. Jetzt höre ich viel Fiona Apple, Nikka Costa, Stevie Wonder, Spearhead, Lenny Kravitz oder Beck – eigentlich höre ich wirklich alles.
MUM: Hast du einen Lieblingssong?
J: Schwer zu sagen. Heute wäre es wohl “Love Ridden” von Fiona Apple, wow, der ist klasse.
MUM: Als ich das Album gehört habe und euch live gesehen habe, da hat mich deine Stimme schwer beeindruckt, und wie du die Balladen alleine am Klavier spielst. Bist du der Kopf der Band, schließlich schreibst du ja auch die meisten Stücke, oder fühlt ihr euch als Einheit?
J: Wir sind definitiv eine Einheit, sind wirklich eine Band, aber jeder hat seinen Platz. Ich schreibe alle Songs und singe, das ist eben mein Part.
MUM: Ihr habt eine sehr sympathische Ausstrahlung auf der Bühne gehabt, beinahe schüchtern manchmal. Wie fühlst du dich vor der Menge?
J: Großartig. Dies ist eine der Sache, die ich am meisten liebe. Ich denke, das ist irgendwie Bestimmung. Als ich das erste mal mit Krezip auf der Bühne stand, da dachte ich irgendwas wie:”Okay, alles kommt irgendwie zusammen hier.”
MUM: Fühlt ihr drei hübschen Mädels euch auch erotisch und benutzt dies, um auf die Jungs im Publikum zu wirken?
J: Nicht wirklich, nein. Schade, aber wir sind keine Madonnas oder sowas, das ist nicht unser Ding.
MUM: Wenn du dir drei Bands aussuchen könntest, um mit ihnen auf Tour zu gehen, welche wären dies, und warum?
J: Deadline, eine neue Band aus Deutschland. Wir waren mit ihnen letzte Woche auf Tour und hatten massig Spaß, außerdem sind sie klasse. Dann noch Fiona Apple, einfach weil ich sie gerne live sehen würde, gerne auch jede Nacht. Als letzten würde ich Nikka Costa nehmen, ich habe ein Konzert von ihr im Internet gesehen – wow!
MUM: Wie kam es, dass Oscar euer Album produziert hat, wo er mit De Heideroosjes doch eigentlich mehr im Punkrock zuhause ist?
J: Das denkt jeder. Gut, sein Studio ist nah bei uns, es war also praktisch. Anne hatte Gitarrenstunden gleich neben seinem Studio, kannte ihn daher ein bisschen, und er war interessiert. Wir haben also eine Demo-CD mit ihm aufgenommen, vor “Nothing Less”, und das lief so toll, dass wir entschieden, auch das Album mit ihm zu aufzunehmen.
MUM: Was willst du mit deinen Texten ausdrücken?
J: Darüber denke ich gar nicht nach. Ich lege einfach meine Gefühle hinein, und ich muss mich gut fühlen, wenn ich sie singe. Es ist toll, wenn ich jemandem mit meinen Texten helfen kann oder so oder jemand sich wieder erkennt.
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MUM: Mick für Mucke und mehr
F: Franz von Grim Skunk