Die Sportfreunde Stiller muss man ja eigentlich nicht vorstellen – jeder kennt sie, von Hits wie “´54, ´74, ´90, 2006”, “Applaus Applaus”, “Das Geschenk” oder “Ein Kompliment”, von sechs Alben in den Top Ten der deutschen Charts (fünf davon schafften es sogar auf Rang 1 bzw. 2) und von guten Konzerten. Die Jungs aus Germering bei München sind aus der deutschen Musiklandschaft nicht wegzudenken, erhielten 16 goldene Schallplatten, fünf Platin-Awards und zahlreiche Preise wie die 1 Live Krone, verkauften insgesamt über 2,5 Millionen Tonträger.
Zuletzt wurde es allerdings sehr ruhig um Peter Brugger (Gitarre, Gesang), Bassist Rüdiger “Rüde” Linhof und Schlagzeuger Florian “Flo” Weber, die im Jahr 2000 ihr Debütalbum “So wie einst Real Madrid” veröffentlichten – schließlich erschien ihr letztes Album “Sturm und Stille”, das direkt auf Platz 1 der Charts stürmte, in 2016.
Nun aber sind die Sportis, wie sie von ihren Fans liebevoll genannt werden, wieder da. Anfang Mai meldete sich das Trio zurück mit der groovigen, Reggae-angehauchten Single “I’M ALRIGHT!” – und kündigten zugleich auch ein neues Album an. “JEDER NUR EIN X” (sprich: “Jeder nur ein Kreuz”) wird am 16. September erscheinen.
Erste neue, umjubelte Liveauftritte folgten bei “Rock am Ring” und “Rock im Park”, die geplante Tourneebegleitung von Herbert Grönemeyer als Support bei dessen “20 Jahre Mensch”-Jubiläumstour fiel dann allerdings leider ja flach, da Grönemeyer die Gigs nach einer Corona-Erkrankung absagen musste.
Im Juni 2022 nun gibt es den sogenannten Balboa Remix von “I’M ALRIGHT!”, und niemand anderes als Peter Brugger selbst hat aus dem Song eine neue, etwas clublastigere Version gezaubert.
Über die Single, das kommende Album und einiges mehr führten wir ein Interview mit Bassist Rüde.
“Es macht einfach zu viel Spaß, um es zu lassen. Was für ein Scheiß, keine Musik zu machen.”
MUM: Nach dem Erfolg eures 2016er-Albums “Sturm und Stille” wurde es lange Jahre ruhig um euch, bis jetzt endlich die neue Single da ist und ein neues Album im September folgt. Wie habt ihr die lange Zeit verbracht – und wäret ihr schon früher zurück gekehrt, wenn es die Pandemie nicht gegeben hätte?
R: Was gewesen wäre hätte es keine Pandemie gegeben, das kann ich nicht sagen. Wir hatten unabhängig von allem viralen Geschehen erstmal einfach nur genug voneinander. Wir haben die ersten drei Jahre der Pause damit verbracht, zuallererst eigene Wege zu finden, jenseits der Band. Peter hat sich daran versucht, einfach mal nur daheim zu sein und sich mit Vaterliebe zu beschäftigen. Papa sein und all das kennenlernen was das zu bedeuten hat. Die ganze Welle. Flo hat ein tolles Buch geschrieben was jetzt gerade veröffentlicht wurde (“Die wundersame Ästhetik der Schonhaltung eines Ertrinkenden”). Und Rüde hat rastlos neue Dinge ausprobiert und sich auch um seine Familie gekümmert. Es gibt so vieles zu tun wenn man sich ein bisschen umsieht. Die Musik und die Gegenwart der anderen hat dann allerdings schon irgendwann einmal gefehlt. Wie sehr, das haben wir dann im Proberaum festgestellt, in dem wir uns nach drei Jahren wieder getroffen haben. Es macht einfach zu viel Spaß, um es zu lassen. Was für ein Scheiß, keine Musik zu machen. Das war dann mein Fazit der Pause.
MUM: Die neue Single “I’M ALRIGHT!” kommt mit ihren Reggae/Ska-Einflüssen sehr groovy daher und ist zudem sehr eingängig. Habt ihr sie deshalb als ersten Vorboten gewählt oder wegen der positiven Kernaussage, die man immer gut gebrauchen kann?
R: Die Single haben wir unter verschiedenen Gesichtspunkten ausgewählt. Es geht dabei ehrlich gesagt auch um Themen wie “kann es im Radio gespielt werden?”. Solche Argumente spielen da auch eine Rolle. Generell macht es gute Laune und die Aussage find ich auch gerade wichtig. Bei aller Scheiße die man derzeit so um die Ohren geknallt bekommt kann man auch mal gelegentlich sagen “I am alright”. Wie soll man irgendwas anschieben wenn man sich in jedes Schwarze Loch, dass sich auftut, hineinwirft? Ich brauche positive Energie um Dinge anzuschieben. Es macht für mich großen Sinn, meine Betroffenheit hier und da mal in die Pause zu schicken. Schlechte Laune verbreiten ohne einen Finger zu rühren kotzt mich zum Beispiel an.
MUM: Am 16. September wird der neue Longplayer “JEDER NUR EIN X” veröffentlicht – ist der Titel schlicht aus “Das Leben des Brian” gemopst oder hat er noch eine andere Bedeutung?
R: Der Titel ist ganz klar von “Leben des Brian” gemopst. Er hat so eine schöne Doppeldeutigkeit. Einmal könnte man sagen “Ein Kreuz zu tragen das reicht”, “Trag eines, aber richtig”, “Du hast die Wahl – überleg dir, wo du dein Kreuz hinmachst”. Aber auch ist der Verweis zu Monty Python für mich eine Reminiszenz an die Zeitlosgkeit des Humors. Wenn man den Film ansieht kommt man schnell darauf, dass die Welt vor 50 Jahren genauso verrückt war wie heute. Keine Panik. Keep calm and carry on. Gehs aber bitte und endlich an. Wird Zeit, den Arsch hochzukriegen.
MUM: Was können wir musikalisch von den 13 Liedern des neuen Albums erwarten, gibt es hier Überraschungen oder bleibt ihr euch stilistisch treu?
R: Man hört die Sportfreunde raus, aber wir haben tatsächlich ein bisschen an dem Sound gearbeitet. Tobi Kuhn, unser Produzent, hat uns hier und da mal in einen neuen Schuh geholfen. Man hört aber natürlich die Sportfreunde auf der Platte. Klaro. Sind ja die selben Nasen geblieben. Ich liebe zum Beispiel ein Lied wie “Ibrahimovic” – mal ein lustiges Lied gegen Angst im Stile eines Stils, den ich gar nicht beschreiben kann. 13 verschiedenste Lieder im Lockdown und danach über den Zaun geworfen. Das in Liebe, Trotz, in Haltung, mit Spaß, Wut, Traurigkeit, Anteilnahme und voller Leben. Und das von Sportfreunde aka Stiller.
MUM: Gibt es inhaltliche Dinge, die ihr schon verraten könnt? Hat die Pandemie sich auch in die Texte geschlichen, oder habt ihr sie bewusst ausgeklammert?
R: Die Pandemie hat sich in einen Text geschlichen, das Lied “Zombie” ist somit vielleicht so eine Art Zeitzeuge. Auf der Platte werden viele verschiedene Themen behandelt. Zum Beispiel wird eine Parkbank besungen und das was sie zu sagen hat. Schöne Dinge haben Parkbänke zu erzählen wenn man mal darauf achtet. Ich merke zum Beispiel, dass ich mich emotional gar nicht mehr dahin begeben möchte. Ich feiere gerade das Danach und kümmere mich mehr zum Beispiel um Freunde aus der Ukraine. Da haben wir ja schon wieder ein neues Thema.
MUM: Ihr spielt vor der Album-VÖ ja eigene Konzerte, bei Festivals wie “Rock am Ring” und auch seid auch als Support für Herbert Grönemeyer geplant gewesen – hier darf sich das Publikum doch dann sicher über den einen oder anderen neuen Song bereits freuen, oder?
R: Ja. Logo, wir spielen ein paar neue Lieder. Das brauchen wir auch für unseren musikalischen Seelenfrieden. Allerdings werden die Menschen natürlich auch Klassiker zu hören bekommen. Da gibt es ja einige die uns nach wie vor sehr viel Spaß machen.
MUM: War es Zufall, dass Herbert Grönemeyer euch für seine “20 Jahre Mensch” Jubiläumskonzerte mit dabei haben sollte, oder wollte er das so, da ihr ja vor 20 Jahren bei Erscheinen der Scheibe auch für ihn eröffnet habt?
R: Nein, es war kein Zufall. Marc, unser Manager, hat einfach mal nachgefragt weil wir so Bock hatten, wieder mit ihm auf Tour zu gehen. Da wir damals eine gute Zeit miteinander hatten hat sich Herbert wohl gedacht, dass es eine gute Idee sei, das zu wiederholen.
MUM: Wenn ihr euch eine Band oder einen Act aussuchen könntet, mit dem ihr auf Tour geht, welcher wäre dies?
R: Rolling Stones. Ich möchte gerne mal einen Whisky mit Keith Richards trinken.
MUM: Als ich euch 2000 zum Erscheinen eures Debütalbums “So wie einst Real Madrid” in Berlin interviewt habe (lies das Interview hier), war es Peters Traum, mal in Japan ein Konzert zu spielen. Inzwischen habt ihr sogar ein “Unplugged in New York” aufgenommen, woran ihr damals sicherlich nie geglaubt hättet – aber was ist mit Japan, habt ihr da mal gespielt oder bleibt dies ein Ziel?
R: Also Japan war 2000 noch ein Thema für ein Konzert. Heutzutage würde ich solch eine Reise aus Klimagründen nicht machen. Das brauchts einfach nicht.
MUM: Welche Frage wolltet ihr schon immer mal gestellt bekommen, und wie wäre die Antwort?
R: Puh, das ist eine schwierige Frage. Mein Sendungsbewusstsein steht nicht so sehr in den Startlöchern als dass ich mich nach einer Frage sehnen würde, weil ich die Antwort darauf schon parat hätte. Ich könnte mir eine Frage schnitzen – finde mich aber sofort äußerst peinlich dabei.
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R: Rüde von Sportfreunde Stiller
MUM: Mucke und mehr
Mehr Informationen über die Sportfreunde Stiller findet man auf www.sportfreunde-stiller.de und facebook.com/sportfreundestiller.
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