Dass manchmal Bands oder Songwriter aus Irland zuhause erst richtig bekannt sein müssen, um hierzulande auch irgendwann veröffentlicht zu werden, dafür ist Kieran Goss der beste Beweis. The 4 Of Us nennt sich eine Band aus Belfast, die vor einiger Zeit nach Dublin umgesiedelt ist und die nun mit dem dritten von vier in Irland veröffentlichten Alben, “Classified Personal”, am 20. August bei Edel Contraire erscheint. Stilistisch präsentieren sie hierauf ruhigen, melancholischen Gitarrenpop, der gar nicht unbedingt irisch klingt, jedenfalls sind Folkeinflüsse sehr rar.
Bereits 1989 erschien das Debüt “Songs For The Tempted” der Brüder Brendan (Gesang, Gitarre), Declan (Gitarre) und Paul (Keyboard) Murphy zusammen mit Drummer Peter McKinney. Vier Jahre später erst kam mit “Man Alive” der Nachfolger auf den Markt. Noch länger sollte sich die Wartezeit bis zu “Classified Personal” (1999) gestalten, bedingt allerdings auch durch die nicht veröffentlichte Scheibe “Amplifier”, auf der die Jungs mit rockigeren und düstereren Klängen experimentiert hatten. Inzwischen hatte sich auch das Line Up etwas verändert. Paul hatte die Band verlassen, dafür gesellte sich Gary Hughes am Bass hinzu. Als viertes Album kam im letzten Jahr “Off The Record” in die heimischen Ladenregale, eine Compilation von Songs aus der Karriere von The 4 Of Us. Wir sprachen mit Frontmann Brendan über das Album und die Bandgeschichte.
“Manchmal muss man zurück schauen, um einen Schritt vorwärts zu gehen.”
MUM: In Irland habt ihr schon vier Platten veröffentlicht. Wieso erscheint nun “Classified Personal” und nicht das letzte Album “Off The Record”, die Compilation von Songs eures bisherigen Schaffens, hierzulande?
B: Auch wenn “Classified Personal” nicht das letzte Album ist, so doch unser letztes Studioalbum mit komplett neuen Songs. “Off The Record” ist die Sammlung unserer bekanntesten Songs, aber weniger aussagekräftig. Wir denken, dass “Classified Personal” viel besser die Richtung zeigt, die The 4 Of Us in der Zukunft gehen werden, somit also eine bessere Einführung in unsere Musik ist.
MUM: Zwischen euren Platten gab es immer längere Pausen – 1989, 1993, 1999. Selbst wenn man die Probleme von “Amplifier” kennt, ihr scheint immer etwas für eine neue Scheibe zu brauchen, oder?
B: Die Pausen waren lang, zu lang. “Classified Personal” war ein Neuanfang und wir haben vor, nun öfter Platten zu veröffentlichen. Die Erfahrungen mit “Amplifier” haben uns schlauer gemacht – drei Jahre Arbeit und dann nicht mal eine Veröffentlichung. Hiernach hatte die Band so etwas wie eine frühe Midlife-Crisis. Wir haben unser Zuhause und Studio in Belfast verlassen und sind nach Dublin gezogen. Dort haben wir dann Songs über den Kampf der letzten Jahre geschrieben, in professioneller und persönlicher Hinsicht, und diese dann in nackter Manier in einem Schlafzimmer aufgenommen. Heraus kam “Classified Personal”, und wir schworen, dass wir uns nie wieder lange Zeit lassen würden, falls die Scheibe in irgend einer Hinsicht erfolgreich werden würde.
MUM: Um nochmal über “Amplifier” zu sprechen – warum habt ihr überhaupt einen neuen Stil ausprobiert, und klang dieser wirklich so dunkel und rockig?
B: “Amplifier” war der Versuch, ein Album aufzunehmen, das härter klingt als alles vorherige. Wir wollen unseren Sound immer weiter entwickeln und nicht das gleiche Album zweimal aufnehmen. Eigentlich wollten wir zwei Alben einspielen, ein Rockalbum – “Amplifier” – und ein akustisches Chill Out-Album. Das Rockalbum hat uns verrückt gemacht, bevor wir es bändigen konnten, und aus der akustischen Idee wurde dann “Classified Personal”. Im Nachhinein war es sicher auch ein Problem, dass wir zuhause ein großes Studio eingerichtet hatten, um “Amplifier” aufzunehmen, und viele Entscheidungen wurden so lange auf Eis gelegt, bis wir den Sound des Albums schon langweilig fanden.
MUM: Ist geplant, “Amplifier” trotzdem vielleicht irgendwann zu veröffentlichen?
B: Wir überlegen, es nur online über unsere Website the4ofus.com zu veröffentlichen. Momentan kann sich dort jeder zwei der Songs umsonst herunter laden, die haben wir auch schon über Napster zur Verfügung gestellt.
MUM: Was macht ihr momentan? Arbeitet ihr an einem neuen Album, und falls ja, wann wird es erscheinen?
B: Ja, wir arbeiten an einer neuen Scheibe, die im nächsten Sommer in Deutschland veröffentlicht werden wird.
MUM: Werdet ihr wieder klanglich experimentieren, oder bleibt ihr jetzt beim melancholischen, ruhigen Pop?
B: Ein Teil dessen, was das Musikmachen so interessant macht, ist das Integrieren verschiedener Stile und Einflüsse. Wir reden darüber, einige traditionelle Folkinstrumente zu benutzen. Manchmal muss man zurück schauen, um einen Schritt vorwärts zu gehen.
MUM: 1998 seid ihr nach Dublin gezogen. Nur aus persönlichen Gründen, oder hat die Musik auch eine Rolle gespielt?
B: Wir sind aus zwei Gründen umgezogen. Zum einen lebten wir schon unser ganzes Leben in Nord-Irland und wir fühlten, dass die Stimmung in Belfast uns nicht weiter hilft, um klar zu denken. Außerdem dachten wir, dass wir irgend etwas an unserem Arbeitsablauf ändern sollten, sonst wären wir vielleicht in die gleiche Falle wieder getappt. Um es kurz zu machen, wir brauchten einen frischen Neustart. Es ist kein Zufall, dass “Change” die erste Single von “Classified Personal” war.
MUM: Wann und warum hat Paul eigentlich die Band verlassen, und wann sind Gary und Peter hinzu gekommen?
B: Unser Bruder Paul spielte Keyboards und ist 1997 ausgestiegen, als klar wurde, dass aus “Amplifier” nichts werden würde. Da er keine Songs schrieb, konnte er uns auch nicht helfen, das Licht am Ende des Tunnels zu finden. Jetzt ist er für uns die wichtigste Resonanzquelle für neues Material. Unser Drummer Peter war schon immer dabei, und Gary am Bass kam zu “Classified Personal” hinzu.
MUM: Eure Musik lässt nicht viele Irish Folk-Einflüsse durchklingen. Mögt ihr diese Musik, und habt ihr sie vielleicht auf den ersten beiden Platten mehr integriert?
B: Wir lieben Irish Folk. The Bothy Band, die Chieftains und Altan, vor allem aber auch Planxty – mit den einflussreichsten Folkmusikern Christy Moore, Donal Lunny und Andy Irvine – waren große Einflüsse, vor allem für die Entscheidung, ein organisch klingendes Album aufzunehmen und bei einigen Stücken Arpeggio- Gitarrenlinien zu nehmen. Wie auch immer, unser Ziel ist es, Musik zu machen, die nach niemand anderen klingt als nach uns selbst.
MUM: Wenn ihr euch drei Bands aussuchen könntet, um mit ihnen auf Tour zu gehen, welche wären es, und warum?
B: Madonna, weil es lustig wäre, Teil dieses Spektakels zu sein. The Blue Nile, weil sie eine völlig unterbewertete schottische Band sind und ich ihnen gerne zuhören würde. Die Rolling Stones – die Gründe sind wohl klar.
MUM: Ihr habt gerade zwei kleine Gigs in Deutschland gespielt. waren dies eure ersten Konzerte hier, und wir fandet ihr es?
B: Wir haben vorher schon in Deutschland gespielt, einige Jahre ist dies her, aber nur als Support für The Tragically Hip und Runrig. Wir hatten viel Spaß jetzt und freuen uns auf mehr.
MUM: Hast du einen Favoriten aller eurer Songs?
B: Momentan ist dies “Maybe It’s You” von “Classified Personal”, weil er persönliche Ansichten vertritt. Der Song ist witzig und traurig zugleich. Ein Song gibt einem nur wenige Platz, um seine Meinung in wenigen Worten wider zu spiegeln, somit ist jedes Wort wichtig. Wenn du beispielsweise sagst, du seist abenteuerlustig, dann heißt dies nicht, dass du gerne an Bergen hochkletterst.
MUM: Was wollt ihr denn mit euren Texten ausdrücken?
B: Ich bringe nur meine Ansichten und Interessen zum Ausdruck, die sich im Laufe der Zeit ändern auf dem Weg durch das Leben. Hoffentlich sind sie mit denen anderer Menschen verknüpft.
MUM: Der meines Erachtens großartige irische Songwriter Kieran Goss sagt immer, dass er Irland nie verlassen könnte, weil es für Iren nicht nur das Heimatland ist, sondern eine Lebensart. Was denkst du über deine Heimat, und – by the way – kennst du Kieran und magst ihn?
B: Ich habe gerade vor 15 Minuten mit Kieran telefoniert. Wir waren in der selben Schulklasse, dann beide zusammen an der Queens Universität in Belfast, haben beide Jura studiert, das Zimmer miteinander geteilt. Ich kenne ihn also nur zu gut. Bezüglich Irland, es ist in meinem Blut und ich würde auch immer hierher zurück kehren.
MUM: Danke für das Interview.
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MUM: Mucke und mehr
B: Brendan Murphy von The 4 Of Us