An kaum einer Band scheiden sich die Geister der Indie-Bewegung so wie an Umbra Et Imago. Die einen halten Frontmann Mozart für einen absoluten Spinner und werfen der Band vor, mit nackten Mädels auf der Bühne über miese Musik hinweg täuschen zu wollen – für die anderen ist Mozart ein Held und die Musik so mit das Beste, was die Untergrundbewegung noch an den Tag bringt.
Wie dem auch sei – zehn Jahre gibt es Umbra Et Imago nun schon. Gefeiert wird unter anderem mit einem neuen Album namens “Dunkle Energie”. Über die Scheibe, die Kontroversen um die Band und einiges mehr ging es im Interview mit Mozart.
“Ich denke, alleine, dass wir Sexualität als Thema haben, macht viele Leute wütend. Andere finden das peinlich, wahrscheinlich finden sie ihre eigene Sexualität auch peinlich.”
MUM: Zehn Jahre Bühnenjubiläum? Ich hätte gedacht, euch gibt es schon viel länger. Kommt es dir nicht auch so vor?
M: Na ja, zehn Jahre sind okay, sonst wären wir ja alle älter, das wäre nicht so gut, denn die Zeit vergeht eh so schnell, wenn man viel zu tun hat!
MUM: Im CD-Info lese ich nicht einmal den Namen Mozart. Wie kommt’s, sonst schien immer alles so auf dich zugeschnitten?
M: Ja, es ist nun mal so, das sich alles auf den Sänger stürzt! Das ist nicht immer angenehm, was nützt es da, darauf hinzuweisen, das eine Band unheimlich wichtig ist, um das Ergebnis so hin zu bekommen. Vielleicht kommt es auch daher, das ich als einziges Mitglied der Urformation übergeblieben bin! Oder vielleicht weil die Show, die wir ja als sehr wichtig erachten, sehr vordergründig von mir gestaltet wird. Auf alle Fälle sind Umbra Et Imago eine Band und kein Soloprojekt!
MUM: Ihr habt diesmal keine besonderen Gast-Stimmen mit dabei. Hat sich einfach nichts ergeben oder habt ihr bewusst darauf verzichtet?
M: Wir haben wieder die Karo dabei, die schon bei “Mea Culpa” für die Backings zuständig war. Sie hat unseres Erachtens eine wundervolle Stimme. Und dann haben wir einen Song mit Tanzwut. Das war uns für diese Platte genug, denn wir hatten sehr viel Material, das eben so daherkommen sollte. Aber generell arbeiten wir gerne mit Gästen, weil es bereichert und vor allem Spaß macht.
MUM: An euch scheiden sich ja seit Jahren die Geister. Entweder finden euch die Leute klasse oder total bescheuert. Was an euch polarisiert so sehr?
M: Das frage ich mich auch des öfteren. Ich denke, alleine, dass wir Sexualität als Thema haben, macht viele Leute wütend. Andere finden das peinlich, wahrscheinlich finden sie ihre eigene Sexualität auch peinlich. Wiederum andere haben ein generelles Problem mit der Gothic-Kultur – alles ist möglich. Ich persönlich stelle oft fest, dass viele Menschen mich persönlich hassen, obwohl sie mich gar nicht kennen. Oft sind wüste Vorurteile am Start, wir würden alles ficken, was sich bewegt, oder hätten Huren als Models. Das geht uns dann doch zu weit, weil es üble Verleumdungen sind. Diese Menschen sollten sich einmal auf eine Bühne stellen und solche Leistung zeigen, um einmal zu erkennen, wie viel Arbeit und Kreativität erforderlich ist, um so etwas zu leisten. Zudem vertreten wir den Weg der qualitativen Sexualität, also Erotik als Kunstform, deshalb ist es ziemlich dumm und ungebildet, uns Quantitivität vorzuwerfen. Wir sind keine Groupieficker, aber sehr aufgeschlossen, was Sexualität betrifft. Das ist der große Unterschied, um diesen zu erfassen, braucht man aber ein wenig Grütze im Kopf.
MUM: Wo siehst du musikalische Weiterentwicklungen auf dem neuen Album, wo liegen Unterschiede zum Vorgänger?
M: Ich denke, das neue Album ist eine konsequente Weiterführung des Vorgängers, mit der Anstrengung, alles noch etwas mehr auf den Punkt zu bringen. Wir haben uns diesesmal viel Zeit beim Produzieren gelassen und sehr viel mit Chören gearbeitet, was vom Klangbild sehr voll klingt.
MUM: Als Coverversion findet man “White Wedding” von Billy Idol. Warum habt ihr diesen Song genommen, und warum so furchtbar langweilig verwurstelt, für mich ist dies der ödeste Song der Scheibe?
M: Wir haben vor zwei Jahren angefangen, das Ding live zu spielen, wollten das aber dabei belassen. Die Nachfrage der Fans war aber seit zwei Jahren so gewaltig, dass wir uns entschlossen, das Stück aufzunehmen. Als wir dann die Aufnahmen anhörten, haben wir das Stück verworfen, weil es wie das Original klang. Die Idee war dann, das Stück mit halbem Beat schön doomig zu gestalten, um einfach eine andere Variante zu erreichen. Danach haben wir das Stück vielen Leuten vorgespielt, die es sehr gut fanden und uns ermunterten, das Ding unbedingt mit draufzupacken. Die Reaktionen deiner Kollegen sind überwiegend sehr positiv, da siehst du mal wieder, wie subjektiv Musik aufgenommen wird.
MUM: Angenommen, ihr könntet euch drei Bands aussuchen, die mal einen eurer Songs covern sollen – wen würdet ihr wählen, und warum?
M: Das wäre uns, glaube ich, egal. Das wird aber auch nicht passieren, so aus einem Gefühl heraus, sage ich das mal so daher.
MUM: Hat sich textlich etwas am Rahmen verändert, was würdest du sagen?
M: Ich arbeite textlich nach wie vor etwa wie ein Schriftsteller. Ein Drittel Beobachtung, ein Drittel Erlebnisse, ein Drittel Literatur. Alles, was ich so erlebt und verarbeitet habe, in den letzten Jahren, findet sich auf dem Album. Ich denke, der Künstler ist der Spiegel der Gesellschaft, in der er sich bewegt.
MUM: “TV macht krank” richtet sich gegen die heutige Fernsehkultur. Na, selbst schon die Glotze abgeschafft? Die Antwort wird von uns auch nicht an die GEZ weiter gegeben – ha, ha, ha.
M: Die Glotze ist noch da, deshalb ja auch der Song. Ich finde, der Bildungsauftrag des Fernsehens ist in einer bedrohlichen Weise in Richtung Verblödung gerutscht. Das wiederum, so habe ich manchmal das Gefühl, wird richtig gesteuert. Dass wir uns selbst “reingesampelt” haben, bedeutet, dass wir uns an der eigenen Nase packen, unsere Art von Ironie und Glaubwürdigkeit. Man kann gegen Verblödung kämpfen, aber die Gesellschaft holt sich von jedem den Tribut. So ist das, ob man will oder nicht.
MUM: Warum wolltet ihr “Gothic Erotic” extra rein elektronisch remixen lassen – und wie findet ihr den Mix?
M: Nach zehn Jahren Clubeinsatz man hat oft das Gefühl, wir hätten nichts anderes gemacht. Da hielten wir es für angebracht, das Stück zum Jubiläum zu remixen. Wir wollten das bewusst außer Haus geben, damit eine andere Interpretation möglich ist. Wir haben das dann ziemlich früh in den Clubs getestet, es kam sehr gut an, es ist ja auch sehr tanzbar. Das wollten wir erreichen, wir sind ganz zufrieden damit.
MUM: Hast du als Musiker eigentlich den plötzlichen Tod von Magazinen wie “New Life” oder “Bodystyler” (später “Textundton”) bedauert, oder war dir das eher egal?
M: Gerade “Bodystyler” fand ich genial, witzig und frech. Aber der Markt ist stark umkämpft, und der Humor ist nicht gerade der Chef in Deutschland. Das merken wir auch oft.
MUM: Wer wird deutscher Fußballmeister 2001/2002? Oder interessierst du dich nicht für Fußball?
M: Wir hassen Fußball und dessen Attitüden. Das geht mir echt am Arsch vorbei. Ich denke, das ist nicht so schlimm, oder?
MUM: Öhm, nö! Wie geht es mit euch in naher Zukunft weiter?
M: Wir werden unser nächstes Live-Video drehen, darauf freuen wir uns sehr. Danach ist eine kleine Welttour – ganz bescheiden – geplant: Mexiko, Südafrika, evtl. Japan und natürlich Europa. Dann sehen wir mal, ob wir ein wenig Urlaub machen dürfen.
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MUM: Mucke und mehr
M: Mozart von Umbra Et Imago