Klaus Hoffmann
“Flügel”
(CD, Stille-Music, 2023)
Wenn Klaus Hoffmann am 17. November 2023 seinen neuen Longplayer “Flügel” veröffentlicht, dann handelt es sich hierbei um sein sage und schreibe 50. Album. Aus seinem seit 2008 gewohnten Rhythmus, alle zwei Jahre ein Studioalbum heraus zu bringen und in den Jahren dazwischen stets einen dazugehörigen Livemitschnitt, hat ihn die Pandemie allerdings gebracht.
Im Oktober 2018 schloss Klaus Hoffmann mit seinem Album “Aquamarin” eine Trilogie ab, die mit “Sehnsucht” 2014 begann und mit “Leisen Zeichen” 2016 fortgesetzt wurde. Mit “Septemberherz” legte er dann im Herbst 2020 inmitten aller Corona-Beschränkungen zwar einen weiteren Longplayer vor, live ging hier erst einmal aber natürlich gar nichts und dann nur in kleinem Rahmen. Die Tour zog sich mit Verschiebungen sogar bis ins Jetzt, wo er gerade noch die letzten Konzerte gibt (lies unseren Bericht aus Leverkusen), weswegen es diesmal auch keinen Mitschnitt gab und Hoffmann lieber an neuen Stücken arbeitete.
Diese liegen nun vor, drei Jahre nach “Septemberherz”, mit den 14 Liedern auf den 46 Minuten des neuen Albums “Flügel”. Klaus Hoffmann bleibt sich natürlich treu und bietet wieder abwechslungsreiche, teilweise chansoneske angelegte Lieder mit stets ansprechenden Texten über das Leben und die Liebe, wobei er über sich und seine Erfahrungen und Gefühle singt, man sich aber häufig wiedererkennen kann, und die Liebe ist nicht immer nur die zwischen zwei Menschen, sondern auch sinnbildlich und humanistisch gemeint.
Ein “Flügel” betiteltes Lied findet man nicht, aber diese stehen wohl sinnbildlich für eine gewisse Aufbruchsstimmung, die hin und wieder durchklingt und die man in der Pandemie ja auch so sehr brauchte, um Hoffnung und Kraft nicht zu verlieren. Im eröffnenden, beschwingten “Neuer Morgen” singt Hoffmann über Segel, die er setzen möchte, “Im nächsten Sommer sehen wir uns wieder” freut sich auf freudige kommende Treffen mit Musik und einem Gläschen Wein, und im getragenen “So fängt es an” geht es auch darum, anfängliches, flügellahmes Empfinden zu überwinden, sich zu öffnen und zu entwickeln.
Wie immer fließt hin und wieder Melancholie ein, aber nie aufsteckend oder allzu niedergeschlagen, denn Hoffnung gibt es immer. “Kinder” preist die Unbeschwertheit der Kleinen auch in für Erwachsene fordernden Zeiten, und das jazzig sanfte “Was machst du mit dem Rest deiner Zeit” – Interpretation eines Titels von Michel Legrand aus dem Film “Happy End für eine Ehe” – schaut auch im Alter noch auf kommende gute Tage und die Kraft einer gesunden Liebe. Diese beseelt auch das schöne, seicht groovige “Du und ich” und steht im Mittelpunkt des dann doch traurig anmutenden “Vergiss mich”, wobei es hier um den Abschied von einer geliebten, weg ziehenden Person geht. Hier wie auch beim Glauben in orientierungslosen Zeiten thematisierenden “Oh mein Gott ist weit” singt Caroline von Brünken als ergänzende Stimme mit Hoffmann, was gut passt.
Wie gewohnt erzählt Hoffmann aus dem Leben und wird hierbei nicht groß politisch, dafür gibt es andere. Aber natürlich geht die heutige Zeit auch an seinen Stücken nicht vorbei, fließt die schlimme Situation in der Ukraine in “Bin nicht Meer, bin nicht Strand” mit ein und handelt “Kein Held” doch von Soldaten, die ohne es zu wollen in den Krieg ziehen müssen. Berlin hingegen, die so oft schon thematisierte, geliebte Heimatstadt, spielt diesmal keine besondere Rolle in den Texten, auch wenn im gutgelaunten “Was dir dein Herz erzählt” kurz “meine Stadt” erwähnt wird.
Nicht vergessen werden darf die schöne Ballade “Ich versuchs” als Interpretation des Stücks “Hier encore” vom 2018 verstorbenen Charles Aznavour und als Rückblick auf ein jüngeres, damals noch naives Ich mit 20 Jahren. Und abschließend gibt es noch das berührende “Manchmal” in einer Demoversion, das er im Booklet der im März verstorbenen Antje Vollmer widmet, von der er 2005 eine Lesung musikalisch begleitete und mit der ihn seine Karriere immer wieder mal zusammen führte.
Das Album wurde ansonsten innerhalb nur einer Woche im August im Münchener Weryton Studio mit Hawo Bleich (Klavier, Keyboard), Micha Brandt (Gitarren) und den Brüdern Peter (Bass) und Walter Keiser (Schlagzeug) eingespielt, nach Corona also wieder zusammen in einem Raum und in kurzer Zeit, was dem von Hoffmann selbst produzierten und erneut von Berthold Weindorf abgemischten Album etwas Flair eines Liveauftritts verleiht und eine gute Atmosphäre spüren lässt.
Der 1951 in Berlin geborene Liedermacher, der auch als Schauspieler und Autor aktiv war, wird auch mit 72 Jahren nicht müde und erfreut seine treuen Fans erneut mit Liedern, die sich wunderbar anhören lassen und bei denen man sich schon freut, sie dann 2024 irgendwann live erleben zu können. Dass hier dann sogar eine Tournee mit Orchester diskutiert wird, kann man in unserem Interview mit Klaus Hoffmann ebenso erfahren wie vieles mehr zum neuen Album und seinen Gedanken zur Zeit.
Hier die letzten Termine von Klaus Hoffmanns “Septemberherz”-Tour, jeweils begleitet von Hawo Bleich am Flügel- Tickets gibt es z.B. hier bei Eventim (Partnerlink):
27.10.2023 München, Lustpielhaus
16.11.2023 Pforzheim, Kulturhaus Osterfeld (Ersatztermin für 20.04.23)
17.11.2023 Baden-Baden, Kurhaus Baden-Baden (Ersatztermin für 19.04.23)
18.11.2023 Mainz, Frankfurter Hof
26.11.2023 Berlin, Bar Jeder Vernunft
Zusätzlich gibt Klaus Hoffmann, ebenfalls begleitet von Hawo Bleich am Flügel, unter dem Motto “Ein Nachmittag mit Klaus Hoffmann” noch ein Silvesterkonzert am 31. Dezember 2023 um 15 Uhr in Berlin in der Komödie am Kudamm im Theater am Potsdamer Platz, bei dem er “aus seinen schönsten Liedern” singt.
Und ein erstes Konzert zu “Flügel” ist in der Auftrittsliste auf Klaus Hoffmanns Website auch bereits zu finden, am 7. April 2024 im Dresdener Staatsschauspiel (Kleines Haus), begleitet von Hawo Bleich am Flügel.
Bewertung: 8 von 10 Punkten
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