The Cure
“Wish” (30th Anniversary Edition)
(3CD, Polydor, 2022)
Nachdem The Cure sich auf ihrer aktuellen Tournee gerade wieder in den größten Hallen, die wir zu bieten haben, vor ausverkauftem Haus feiern ließen und ihre so zahlreichen Fans mit weit über zwei Stunden langen Gigs begeisterten, veröffentlichen die Mannen um Robert Smith eine 30th Anniversary Edition ihres Albums “Wish”.
Wenn es sich bei dem 1992 veröffentlichten Longplayer bereits um den neunten der Band handelte, dann weiß man, dass die Historie noch einiges weiter zurück geht, nämlich bis ins Jahr 1978, als die Band erstmals als The Cure formierte und dann ein Jahr später ihr Debütalbum “Three Imaginary Boys” veröffentlichte. Ab der 1982er-Scheibe “Pornography” waren die Briten Dauergäste in den heimischen Top Ten der Albumcharts, und mit “Wish” erreichten sie dann erstmals sogar Platz 1 in UK und kletterten in den USA nicht nur zum ersten Mal in die Top Ten, sondern sogar auf Platz 2, bei uns auf Rang 6.
“Wish” gehört somit zu den erfolgreichsten Alben der für ihre düsteren, oftmals melancholischen Songs bekannten Band – und dies war alles andere als selbstverständlich, folgte die Scheibe doch auf das überragende “Disintegration” aus dem Jahr 1989, welches bei uns mit Platz 2 das erfolgreichste Album der Karriere wurde, weltweit gefeiert wurde und nicht nur für die Macher von “South Park” das beste Album aller Zeiten darstellt, wie Kyle in der Episode “Mecha-Streisand” verlauten ließ.
Mit den im April 1992 veröffentlichten 67 Minuten von “Wish” wussten The Cure erneut komplett zu überzeugen und heimsten sogar eine Grammy-Nominierung in der Kategorie “Best Alternative Music Album” ein. Nun liegt also die 30th Anniversary Edition vor, als einfache CD und Doppel-LP, für die Robert Smith zusammen mit Miles Showell in den legendären Abbey Road Studios alle zwölf Tracks remastert hat, sowie als besonders reizvolle Dreifach-CD Deluxe Edition, bei der die zweite CD 21 Demos enthält und die dritte zehn Mixe, ein Instrumental und eine Liveversion.
Wer “Wish” nur für seine Singles kennt, dem sind einige absolute Highlights aus dem großen Katalog von The Cure entgangen. Mit dem Opener “Open” liegt ein für die Band typisch düsterer Song vor, der einen in seinen sieben Minuten gut abholt und direkt in die richtige Stimmung versetzt.
Es folgt das im März 1992 als erste Single voraus geschickte “High”, mit dem Platz 8 der britischen Single-Charts erreicht wurde. Das Stück deutete bereits an, dass im Gegensatz zum von Schwermut geprägten “Disintegration” hier auch optimistischere Töne zu hören sein würden, was mit der zweiten Single “Friday I’m In Love” untermauert wurde. Das ungewöhnlich fröhlich daher kommende Stück entpuppte sich als Gute-Laune-Ohrwurm und stieg in UK auf Platz 6, verpasste damit nur knapp die Allzeit-Höchstplatzierung von “Lullaby”, welches drei Jahre zuvor auf Rang 5 landen konnte. Dass “Friday I’m In Love” als letzte Single der Band überhaupt die britischen Top Ten erreichen sollte, zeigt die Massenkompatibilität des Stücks, sagt aber nichts über die große Klasse der Band aus, bei der Alben immer wichtiger waren als Auskopplungen und deren von Fans so geliebte düstere Grundstimmung eben nicht für jedermann gemacht ist.
Als dritte und letzte Single wurde damals “A Letter To Elise” über eine unglückliche Beziehung auserkoren, was im Jahr zuvor bei der MTV Unplugged Show noch mit etwas anderem Text daher kam und insgesamt recht gemütlich anmutet.
Neben diesen Stücken findet man mit dem funky und groovy angerichteten “Wendy Time” eine weitere durchaus für positive Stimmung sorgende Nummer, auch wenn es eigentlich um Ablehnung geht. Auch im als drittletzten Song gesetzten, flotten “Cut” geht es um diese, und im abschließenden “End” wird ebenfalls eine Sackgasse besungen, aus der kein Entkommen zu helfen scheint, so dass eine Liebe besser enden sollte.
Neben all diesen Stücken bietet “Wish” aber noch fünf absolute Perlen, die mitentscheidend sind, dass das Album zu einem ganz tollen zählt. Bei “Apart” handelt es sich um eine tieftraurige, Gänsehaut erzeugende Ballade, in der Robert Smith zu sphärisch fließenden Klängen über das Ende einer Liebe singt, und das wirklich berührend.
Auch das fast acht Minuten lange “From The Edge Of The Deep Green Sea” beschäftigt sich mit einer Beziehung, die ab und an so wundervoll ist, aber doch keine Zukunft hat – absolut gefangen nehmend und weit energetischer angerichtet, aber nicht weniger bewegend.
Mit jeder Menge Elan kommt auch “Doing The Unstuck” daher, welcher extrem fröhlich, ausgelassen und mitreißend den perfekten Tag beschreibt, um sich aus mentaler Dunkelheit zu befreien: “Kick out the gloom, kick out the blues, tear out the pages with all the bad news. Pull down the mirrors and pull down the walls, tear up the stairs and tear up the floors, oh just burn down the house, burn down the street, turn everything red and the beat is complete with the sound of your world going up in fire. It’s a perfect day to throw back your head and kiss it all goodbye!”
Ganz konträr präsentiert sich die Ballade “Trust”, ein wunderschönes, zunächst von Piano dominiertes Stück über einen verzweifelten Menschen, der in einer Beziehungskrise seine Angst ausdrückt, nun auch noch die letzte Person zu verlieren, die er liebt. “And still the hardest part for you, to put your trust in me. I love you more than I can say, why won’t you just believe?” Die fünfte Nicht-Single-Perle ist das getragene “To Wish Impossible Things”, wo zu Synthie-Flächen, sanfter Akustikgitarre, Geigenklang und spärlicher Percussion aus Traurigkeit heraus zurück geschaut wird auf glücklichere gemeinsame Momente. Was für tolle Songs, die The Cure hier nun im Sound optimiert wieder aufleben lassen.
Für Fans ein Muss ist natürlich vor allem die Deluxe Edition, die neben dem remasterten Originalalbum auf zwei Bonus-CDs noch so viele Raritäten bereit hält. Die zweite CD beschert auf 67 Minuten nicht weniger als 21 Demos, wobei es sich hierbei manchmal um frühe Versionen von auf dem Album vetreteten Stücken handelt, von “Cut”, “A Letter To Elise”, “Wendy Time”, “Apart” oder “To Wish Impossible Things”, manchmal um Demos der damaligen Single- oder Maxi-B-Seiten wie bei “This Twilight Garden”, “Scared As You” oder “A Foolish Arrangement” – mal mit Gesang, mal ohne. Hinzu kommen neun instrumentale Demos von Stücken, die man bislang gar nicht kannte, wie die getragenen “T7” oder “Abetabw”, das blubbernd jazzige “Frogfish” mit Saxophon oder die druckvolleren “Now Is the Time” und “Miss van Gogh”, bis hin zum gut abrockenden “Heart Attack”.
Die dritte CD bietet auf ihren 71 Minuten größtenteils Mixe, wobei es sich hier nicht nur um Remixe handelt. Eröffnet wird diese Sammlung nämlich von den Instrumentals “Uyea Sound”, “Cloudberry”, “Off To Sleep…” und “The Three Sisters”, die jeweils im sogenannten Dim-D Mix zu finden sind und damals als “Lost Wishes”-Cassette veröffentlicht wurden, die rar und unter Sammlern inzwischen natürlich heiß begehrt ist.
Der “Open” (Fix Mix) ist ebenso wie “High” (Higher Mix), “Friday I’m in Love” (Strangelove Mix) und der hämmernde “A Letter to Elise” (Blue Mix) von den damaligen Maxi-Singles bekannt, “Doing the Unstuck” (Extended 12-inch Mix) zudem vom “Join the Dots: B-Sides & Rarities” Box-Set. Den “From the Edge of the Deep Green Sea” (Partscheckruf Mix) konnte man bislang hingegen nirgendwo finden, ebenso wie das fließende, etwas experimentell anmutende Instrumental “A Wendy Band” oder die 1992er-Liveversion von “End” aus Paris. Diese schließt mit ihren neun Minuten eine tolle, lohnende 30th Anniversary Deluxe Edition eines hervorragenden Albums ab.
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Bewertung: 10 von 10 Punkten
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